Lungenkrebs als Folge der Berufskrankheit Nr. 4111

Lungenkrebs als Folge der Berufskrankheit Nr. 4111 (Bergarbeiteremphysem), wenn diese Berufskrankheit Nr. 4111 zu 50% MdE berentet wird zu Lebzeiten.

Ausweislich des Merkblattes des BMA (Bundesarbeitsministerium) zur Berufskrankheit Nr. 4111 besteht eine Dosiswirkungsbeziehung zwischen eingeatmeter Staubmenge und dem Auftreten einer chronischen obstruktiven Bronchitis oder eines Lungenemphysems.

Es kann nicht übersehen werden, daß zwischen eingeatmeter Staubmenge und dem auftretenden Lungenkrebs ein hinreichend wahrscheinlicher Zusammenhang besteht.

Der Krebsforscher Prof. Friedhelm Pott, der Pleuramesotheliome etwa im Tierversuch nachstellte, ermittelte sachverständig, daß eine Staubbelastung kanzerogen sein kann.

Prof. Friedhelm Pott war seinerzeit Angehöriger des Hygieneinstitutes der Universität Düsseldorf.

Erst recht aber bedingt eine zu 50% MdE-entschädigte Berufskrankheit Nr. 4111 eine Lebzeitenverkürzung um 1 Jahr, auch wenn und gerade weil ein Lungenkrebs hinzutritt.

Es findet eine wechselseitige Verstärkung in den Auswirkungen statt.

Hier ist die Kausalitätsnorm der gesetzlichen Unfall- und Berufskrankheitenversicherung einschlägig, derzufolge wesentliche Mitursächlichkeit der beruflichen Bedingung vollkommen ausreichend ist für den Versicherungsschutz.

Auf BSG NJW 1964, 2222 wird Bezug genommen, wo die Rede ist von einer Kausalitätsnorm und der Hinweis gegeben wird, daß selbst eine verhältnismäßig niedriger zu wertende Bedingung beruflicher Art sehr wohl wesentlich sein kann.

Hier können berufliche Bedingung und Lungenkrebs nicht auseinandergehalten werden, so daß Totalreparation berufsgenossenschaftlich zu leisten ist.

Erst recht gilt das Vorstehende, wenn man berücksichtigt, daß in der Berufskrankheit Nr. 4111 insbesondere der Quarzstaub gemeint ist.

Quarzstaub wiederum ist lungenkrebskanzerogen.

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Lärm im Orchestergraben

Lärm im Orchestergraben;
Hier: Berufliche Lärmschwerhörigkeit eines Mitgliedes des Orchesters

In einer Gerichtsverhandlung konnte erreicht werden, daß die gesetzliche Unfallversicherung, d.h. der entsprechende Unfallversicherungsträger, eine Berufskrankheit Nr. 2301, berufliche Lärmschwerhörigkeit, anerkannte, weil die Orchestermitglieder gehörschädigendem Lärm ausgesetzt sind.

Zu Beurteilung der konkreten Lärmeinwirkung wurde vom Technischen Aufsichtsdienst der gesetzlichen Unfallversicherung auf Ermittlungsergebnisse der Schweizer Unfallversicherungsanstalt SUVA zurückgegriffen, die im Rahmen einer Studie die Lärmbelastungen bei Orchestermusikern detailliert untersucht hat.

Grundsätzlich kann also davon ausgegangen werden, daß es sich bei einem Symphonieorchester gewissermaßen um einen Lärmbetrieb handelt, wobei ein Wochenlärmexpositionspegel von 93 dB(A) keine Seltenheit sein dürfte.

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Rücknahme der Anerkennung einer Silikose

Rücknahme der Anerkennung einer Silikose durch die Berufsgenossenschaft entgegen dem Rat der Experten;

hier: Silikosekolloquium 2010

Gelegentlich des Silikosekolloquiums 2010, wo die neuen Gutachterempfehlungen vorstellt wurden, stellte der Verfasser und Unterzeichner zur Diskussion, wie die Rücknahme einer einmal anerkannten Silikose aus Sicht der Experten, d. h. der Lungenfachärzte und Arbeitsmediziner bewertet würde.

Gewissermaßen übereinstimmend rieten die Experten in der Diskussion davon ab, eine einmal anerkannte Silikose zurückzunehmen berufsgenossenschaftlich.

Die Teilnehmer an dem Silikosekolloquium 2010 werden sich an diesen Diskussionspunkt mit Sicherheit noch erinnern.

Im Gerichtsverfahren wiederum hier etwa Sozialgericht Duisburg S 4 KN 432/14 U wird diese Aussage der Experten bzw. Reaktion der Experten dahin abgeschwächt, daß sich die Aussage des beratenden Arztes der Berufsgenossenschaft nur auf eine tatsächlich vorliegende Silikoseerkrankung bezieht, gemeint ist Prof. Dr. Schulze-Werninghaus.

Der Mißstand greift also nach wie vor um sich, daß einmal anerkannte Silikosen später wieder zurückgenommen werden, d. h. deren Anerkennung, obwohl man weiß, daß eine Besserung nicht stattfand.

Die Experten, die am Silikosekolloquium 2010 teilnahmen, wussten schon, warum die Aberkennung einer Silikose, die anerkannt ist, nicht hinnehmbar ist, und zwar wegen der unglaublichen Staubbelastung, die ein Bergmann im Falle einer Silikose erfahren hat.

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50-Euro-Witwen

Die „50-Euro-Witwen“ der Deutschen Rentenversicherung, wenn der versicherte Ehemann einen beruflichen Asbestkrebs erleidet, Berufskrankheit Nr. 4105 (Pleuramesotheliom), den die Berufsgenossenschaft mit einer eigenen Witwenrente zu entschädigen hat.

Die Witwen in entsprechenden Fällen berichten, daß sie ihren Lebensstandard durch das Ableben ihres Mannes nicht mehr halten können und auch ihre Vermögen aufbrauchen müßten.

Dies hängt damit zusammen, daß die berufsgenossenschaftliche Leistung nicht voll der Witwe zugute kommt, sondern die Deutsche Rentenversicherung in solchen Fällen eine Anrechnung der berufsgenossenschaftlichen Witwenrente auf die Witwenrente der Rentenversicherung vornimmt und Erstattung von der Berufsgenossenschaft verlangt.

Mithin verbleibt den Witwen in der Regel von der zuvor etwa bei 1.000,00 EUR liegenden Witwenrente der Rentenversicherung ein Betrag von 50,00 EUR im Schnitt monatlich.

Die Witwenrente soll angeblich dem Schutz der Verfassung, Eigentumsschutz, nicht unterliegen, weil die Witwe nicht selbst Beträge zur Rentenversicherung erbracht hätte.

Der Begriff „50-Euro-Witwe“ ist nicht herabsetzend gemeint, sondern soll den krassen Eingriff in die Renten der Witwen erhellen, was diesseitiger Auffassung nach absolut unverhältnismäßig ist.

Schließlich sind die Ehemänner hier in diesen Fällen nicht an Altersschwäche gestorben, sondern an der schlimmsten Asbestkrebsart, die wir kennen, an einem Pleuramesotheliom.

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Weiterzahlung der Verletztenrente

Weiterzahlung der Verletztenrente nicht nur bis zum Todestag des Verletzten durch die Berufsgenossenschaft, sondern bis zum Monatsende

§ 73 Abs. 6 SGB VII trifft eine klare Regelung.

Danach werden Renten bis zum Ende des Kalendermonats geleistet, in dem der Berechtigte stirbt, hier also bis zum 31.07.2006, wie das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in einem Fall ausdrücklich feststellt.

Die spitze Berechnung durch die Berufsgenossenschaft, wie dies allgemein Praxis ist offenbar, wird vom Landessozialgericht in dem Urteil vom 20.5.2015 – LSG NRW
L 17 U 24/14 – verworfen (S 18 U 191/13 – SG Köln).

Die Revision wurde nicht zugelassen vom Berufungsgericht.

Die Sonderrechtsnachfolger, d. h. hier die Eltern, in einer Arbeitsunfallsache vom 30.04.2003 sehen also der Ausführung des Urteils des LSG NRW – wie zitiert – entgegen.

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Anerkennung der chronischen obstruktiven Bronchitis und des Lungenemphysems als Silikosefolge

Feststellung einer Quarzstaublungenerkrankung BK-Nr. 4101, Silikose, unter Anerkennung der chronischen obstruktiven Bronchitis und des Lungenemphysems als Silikosefolge

In einem Silikosefall mit einem Tag des Versicherungsfalls 18.12.2013 hält die Berufsgenossenschaft unter dem 08.05.2015 fest:

„Bei Ihnen besteht eine Quarzstaublungenerkrankung und eine chronische obstruktive Bronchitis und ein Lungenemphysem, die als weitere Folge der Berufskrankheit anerkannt werden.“

Die MdE für die Silikose wurde mit 20% festgesetzt, im Falle also einer Silikose Berufskrankheit Nr. 4101.

Die Frage stellt sich, was geht hier dem Versicherten und Erkrankten verloren?

Tatsächlich nämlich ist die Silikose unter der Berufskrankheiten Nr. 4101 geregelt und es gibt zusätzlich eine Berufskrankheit 4111, chronische obstruktive Bronchitis oder Emphysem von Bergleuten untertage im Steinkohlebergbau bei Nachweis der Einwirkungen einer kumulativen Dosis von in der Regel 100 Feinstaubjahren.

Im Zusammenhang mit der Berufskrankheit Nr. 4111 steht im vorliegenden Fall also die schwere Obstruktion der Atemwege welche eine MdE von 50% nahelegt, also einen entsprechenden Verletztenrentensatz.

Es sieht danach aus, daß mit der Zusammenlegung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen in nur einer Berufskrankheiten-Nr. dem berufserkrankten Versicherten 30% MdE entgehen.

Der Betroffene sollte zusätzlich Antrag auf rechtsbehelfsfähigen Bescheid zur Berufskrankheit Nr. 4111 beantragen.

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Fortbestand der Gefahrklasse kaufmännischer und verwaltender Teil

Fortbestand der Gefahrklasse kaufmännischer und verwaltender Teil (Büroteil)
in den Gefahrtarifen der Berufsgenossenschaften;

hier: Rundschreiben der Berufsgenossenschaft Holz und Metall vom 18.05.2015

Trotz der Tatsache, von der Berufsgenossenschaft eingestanden, daß bis 2009 eine solche Gefahrklasse berufsgenossenschaftlich geführt worden ist, versucht die Berufsgenossenschaft die Wiederherstellung der genannten Gefahrklasse für den kaufmännischen und verwaltenden Teil (Büroteil) zu vereiteln.

Da jedes Unternehmen über einen kaufmännischen und verwaltenden Teil (Büroteil) verfügt, kann man sich unschwer vorstellen, welches Volumen beitragsmäßig die Berufsgenossenschaften vor Augen haben, wenn die Begünstigung durch die Gefahrklasse kaufmännischer und verwaltender Teil (Büroteil) entfällt und die Beiträge statt dessen insgesamt gewerblich berechnet werden.

Es heißt allerdings in § 157 Abs. 2 SGB VII ausdrücklich nicht „Gewerbezweigtarif“, sondern ausdrücklich „Gefahrtarif“, der nach Tarifstellen gegliedert werde, in denen Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken gebildet werden.

Dauert hier der berufsgenossenschaftliche Rechtsverstoß fort, eine Gefahrklasse gewissermaßen zu kassieren und abzuschaffen, muß es für die Dauer des Rechtsverstoßes der Berufsgenossenschaft zulässig sein, Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X insbesondere anzustrengen und dies nötigenfalls wiederholt.

Warum sollte das Mitgliedsunternehmen Klage zum Sozialgericht erheben, wenn die Möglichkeit besteht, Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X bei der Berufsgenossenschaft zu stellen und Antrag auf rechtsbehelfsfähigen Bescheid dazu.

In diesen neuen Überprüfungsverfahren muss diesseitiger Auffassung nach auch der Mangel behoben werden, daß eine Anhörung des Mitgliedsunternehmens vor der Widerspruchsstelle etwa im Beisein eines Katastersachverständigen nicht stattgefunden hat bislang.

Im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X haben Verwaltung und Gerichte auch ohne neues Vorbringen des Antragstellers zu prüfen, ob bei Erlaß des bindend gewordenen Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt wurde.

Auf BSG B 2 U 24/05 R vom 05.09.2006 sei dieserhalb Bezug genommen.

Der berufsgenossenschaftliche Subsumtionsfehler, einen Gefahrtarif mit einem Gewerbezweigtarif zu verwechseln, läßt sich also jederzeit noch im berufsgenossenschaftlichen Verfahren ggfls. bei wiederholter Prüfung korrigieren.

Die Bildung einer Gefahrengemeinschaft kaufmännischer und verwaltender Teil (Büroteil) kann der Berufsgenossenschaft nicht erlassen werden, jedenfalls solange nicht, wie das Gesetz nicht geändert ist.

Die Mitgliedsunternehmen begehren nur das, was früher selbst Praxis der Berufsgenossenschaften war.

Die Einforderung der Beachtung des Gesetzes § 157 Abs. 2 SGB VII kann nicht rechtsmißbräuchlich sein, wo die Berufsgenossenschaft eine überzeugende Begründung schuldig geblieben sind, die Gefahrklasse kaufmännischer und verwaltender Teil (Büroteil) abzuschaffen.

Die unterschiedlichen Gefährdungsrisiken gewerblicher Teil und kaufmännischer, verwaltender Teil (Büroteil) bestehen überdies unbestritten weiter fort.

Insofern möge die Berufsgenossenschaft statt eines Rundschreibens vom 18.05.2015 auf eine Abhilfe hinwirken i. S. des bisherigen Gefahrtarifrechts.

Die Unterstellungen am Ende des Rundbriefes der Berufsgenossenschaft vom 18.05.2015 werden entschieden zurückgewiesen.

Dieserhalb bleibt die Ablehnung des Verfassers des Rundbriefes Herrn Andreas Wiesner wegen Besorgnis der Befangenheit ausdrücklich vorbehalten.

Diese Besorgnis gründet auch darauf, wie der Mitarbeiter der Berufsgenossenschaft mit der Bekanntgabe von Prozessdaten umgeht.

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Anerkennung einer Lungenkrebserkrankung als Berufskrankheit Nr. 4103

Anerkennung einer Lungenkrebserkrankung als Berufskrankheit Nr. 4103, weil Asbeststaublungenerkrankung, so wie die Asbestose definiert ist in der Nr. 4103 (abstrakt generelle Regelung)

In einem Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg findet sich im einschlägigen Fall, SG Duisburg – S 1 U 142/14, Gerichtsbescheid Seite 10, der Satz:

„Die Auffassung, daß durch die BK 4103 allgemein Lungenerkrankungen von Versicherten, die asbestexponiert gearbeitet haben, entschädigt werden sollen, „

der den Anwälten in dieser Sache entgegengehalten wird bzw. in den Mund gelegt wird.

Anwaltlich legt man Wert auf die Feststellung unsererseits, daß wir von einem Asbestlungenkrebs reden nach beruflicher Asbesteinwirkung und nicht allgemein von einer Lungenerkrankung, gleich welcher Art.

Daß der Richter sodann der armen Witwe Verschuldenskosten auferlegt, hat gewissermaßen Methode, so wie diese hier auch zum Ausdruck kommt.

Nicht hinnehmbar ist aber, daß eine sozialrechtliche Kausalität in einen derartigen Sozialgerichtsprozeß – wie zitiert – gerät, nämlich, daß das Gericht zu einem Aliud entscheidet, was so nicht geltend gemacht ist, statt konkret zur Klageforderung, die auf Entschädigung eines Lungenkrebs nach beruflicher Asbesteinwirkung gerichtet ist, und zwar als Asbeststaublungenerkrankung bei Vorliegen von mindestens 10 Asbestfaserjahren, Fall der Berufskrankheit Nr. 4103.

Rechtsanwalt

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Unterlassene Bescheide (offene Bescheide)

Unterlassene Bescheide (und damit noch offene Bescheide) zur Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall, wenn die Berufsgenossenschaft aus Stichtagsgründen eine neue Listenberufskrankheit verneint.

Im Fall des SG Aachen S 1 U 237/13 machen sich Gericht und Berufsgenossenschaft nicht klar, dass das Verfahren nach § 551 Abs. 2 RVO zur Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall heute § 9 Abs. 2 SBG VII noch immer offen ist, bei dieser Konstellation wie bezeichnet.

Mag die Listenberufskrankheit aus Stichtagsgründen unberechtigt sein bzw. unbegründet, so ist es dieser Fall aber dann nicht, wenn die Voraussetzungen der Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall greifen für den Fall aus Zeiten vor dem Stichtag.

Die Tatsache der Erweiterung der Liste um die Berufskrankheit der Lendenwirbelsäule erweist die neuen Erkenntnissse, deren Bescheidung aus angeblichen Stichtagsgründen unterbleibt in solchen Fällen.

Dies erleben wir nicht nur in den Fällen der beruflichen Lendenwirbelsäulenerkrankung, sondern auch beim Bergarbeiteremphysem, dass nämlich die Listen-Nr. dahin beschieden wird, es handele sich um einen Fall vor dem Stichtag und unterlassen wird, die überfällige Entscheidung zur Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall zu treffen.

Hier sind nicht gezählte Verfahren noch offen, wo die nicht beschiedene Frage der Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall noch aussteht und die Leistungen unterdessen also nicht verjähren können.

Es handelt sich aber nicht nur um die beruflichen Lendenwirbelsäulenerkrankungsfälle, sondern auch um das Bergarbeiteremphysem etwa, wo das Gleiche passiert ist, dass nämlich die Listenberufskrankheit abgelehnt wurde aus Stichtagsgründen, ohne dass dann die Entscheidung zur Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall getroffen wurde, die ansonsten mit einem Widerspruch hätte angegangen werden können.

Auch bei der Asbestlungenkrebserkrankung Nr. 4104 Merkmal 25 Asbestfaserjahre passierte das Gleiche.

Aus Stichtagsgründen wurden die Pionierfälle abgelehnt, und zwar unter dem Aspekt der Liste, ohne dass erkannt wurde, dass die neuen Erkenntnisse zuvor bzw. zum Zeitpunkt der Entscheidung zu beachten waren im Verfahren zur Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall, § 551 Abs. 2 RVO bzw. § 9 Abs. 2 SGB VII.

 

Rechtsanwalt Rolf Battenstein

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Verjährungseinrede der Berufsgenossenschaft

Verjährungseinrede der Berufsgenossenschaft im Falle der Berufskrankheit Nr. 4105

 

Stichwort: in praeteritum non vivitur – In der Vergangenheit wird nicht gelebt

 

Pleuramesotheliom, wo für 9 Leistungsjahre an Witwenrente berufsgenossenschaftlich die Einrede der Verjährung erhoben worden ist, Fall des SG Frankfurt – S 8 U 63/11 -.

 

Bei Prüfung der Verjährungseinrede der Berufsgenossenschaft gegenüber der Zahlung rückwirkend einer Witwenrente führt das Sozialgericht Frankfurt folgendes aus:

 

„Sofern der Kläger durch seinen Bevollmächtigten vortragen lässt, daß sich mit dem tödlichen Ausgang einer Berufskrankheit 4105 (Pleuramesotheliom) die wirtschaftliche Lage einer Familie fatal zu deren Lasten verändert, wenn nicht die Berufsgenossenschaft eintritt, stellt dies keinen Umstand dar, der in dieser Allgemeinheit bei der Ermessensentscheidung des Unfallversicherungsträgers zu beachten war.

 

Im Hinblick auf den Zweck der Verjährung ist nämlich zu berücksichtigen, so daß Sozialgericht, ob die Leistung nach langer Zeit noch den damit verfolgen Zweck erreichen kann. Denn in der Gesetzesbegründung zu § 45 SGB I ist ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß Sozialleistungen regelmäßig ihren eigentlichen sozialpolitischen Zweck nicht mehr erfüllen können, wenn sie nach längerer Zeit als Nachzahlung erbracht werden.(Stichwort: „in praeteritum non vivitur“).“

 

Wenn man dem Sozialgericht darin folgt, daß die Erhebung der Verjährungseinrede eine Ermessensentscheidung ist, dann ist es einigermaßen erstaunlich, daß in einem sehr ausführlichen Urteil gleichwohl nicht auf die maßgebliche Vorschrift des § 2 Abs. 2 SGB I eingegangen wird.

 

Bei Ausübung von Ermessen ist nämlich sicherzustellen, so der Gesetzgeber zwingend, daß die sozialen Rechte des Anspruchstellers hier der Witwe oder des Rechtsnachfolgers möglichst weitgehend verwirklicht werden.

 

Prüft man also auch aus Sicht des Versicherten bzw. von dessen Familie bei einem Pleuramesotheliom der vorliegenden Art, stellt man fest, daß die Leistungen von Amts wegen festzustellen gewesen wären.

 

Es ist den Berufsgenossenschaft auch keineswegs unmöglich, die auftretenden Asbestmesotheliomfälle von Amts wegen zu eruieren, weil der Verdacht auf eine Berufskrankheit bei jedem Mesotheliom gegeben ist, wie es ausdrücklich im Merkblatt des Bundesarbeitsministeriums zur Berufskrankheit Nr. 4105 heißt.

 

Dabei sind es keineswegs viele Fälle, die zu ermitteln wären, die allerdings so dringlich sind von dem fatalen Schicksal des Betroffenen her, daß man es nicht glauben möchte.

 

Aber auch ansonsten lebt die Sozialgerichtsbarkeit nicht in der Vergangenheit.

 

Wie anders wäre es zu erklären, daß allen Ernstes bei Asbestbelastungen den Betroffenen entgegengehalten wird, entweder derartige Asbestbelastungen seien in dem gewerblichen Berufsleben nicht feststellbar oder aber es wären die Grenzwerte eingehalten worden.

 

In keinem Fall war dies so in der Vergangenheit.

 

Bei einer einfachen Lärmschwerhörigkeit kam aus dem Kesselwerk, daß von der Berufsgenossenschaft angeschrieben wurde, der Hinweis, bei dem Kesselwerk wäre keine Lärmbelastungen feststellbar, obwohl vor Lärm, etwa 120 dB die Deckenpanele bzw. Deckenplatten gewissermaßen abplatzten.

 

Es stünde der Sozialgerichtsbarkeit sehr gut zu Gesicht, in der Vergangenheit zu leben, um die Sachverhalte tatsächlich zu ermitteln, deren Einzelheiten, d. h. die arbeitstechnischen Voraussetzungen in der Vergangenheit nachgerade sträflich übersehen werden.

 

 

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Sozialrecht

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