Der beratende Arzt der Berufsgenossenschaft

Der beratende Arzt der Berufsgenossenschaft im Widerstreit mit dem Gutachter
und die Kurzgutachten der beratenden Ärzte im Berufskrebsfall

Der Arbeitsmediziner, der als Experte sein Gutachten abgegeben hat im Berufskrankheitsfall, ahnt nicht, daß ein Satz des beratenden Arztes genügt, um das qualifizierte Gutachten des Arbeitsmediziners außer Kraft zu setzen, was selbst Deutschlands führender Arbeitsmediziner und Asbestexperte, Prof. W., Gießen, erleben muß.

Deshalb ist die Rolle der beratenden Ärzte der Berufsgenossenschaften zu hinterfragen, die keineswegs über eine gesetzliche Ermächtigung etwa verfügen, eben weil der beratende Arzt in keiner Weise gesetzlich geregelt ist.

Der beratende Arzt wird immer mehr dazu benutzt berufsgenossenschaftlich, die zwingende Vorschrift des § 200 Abs. 2 SGB VII zu umgehen, ein Gutachterauswahlrecht anzubieten.

Angeblich müsste vor dem Gutachten bzw. Kurzgutachten eines beratenden Arztes kein Gutachterauswahlrecht angeboten werden.

Daß auch ein Kurzgutachten ein Gutachten ist, erschließt sich der Berufsgenossenschaft nicht.

Und daß der Gedanke des § 200 Abs. 2 SGB VII, wo das Angebot eines Gutachterauswahlrechtes statuiert ist, keineswegs bloße Datenschutzvorschrift ist, interessiert wenig.

Wichtig für die Berufsgenossenschaften ist, daß ihnen geholfen wird, die Anwendung des § 200 Abs. 2 SGB VII zu umgehen.

Dazu dient dann auch, daß die Berufsgenossenschaften Sachverständigenstellen einrichten, medizinisch, arbeitstechnisch, welche keineswegs als unabhängig anzusehen sind, sondern welche in Diensten der Berufsgenossenschaften stehen.

Wenn dann aber das Gutachterauswahlrecht angeboten wird, dann allerdings nicht im Todesfall.

Also im gravierendsten Fall ist den Betroffenen das Gutachterauswahlrecht nach § 200 Abs. 2 SGB VII angeblich versperrt.

Auf diesem Wege dann wächst das Monopol des Deutschen Mesotheliomregisters, eine Einrichtung der Berufsgenossenschaften.

Denn Chefin des Deutschen Mesotheliomregisters ist eine Pathologin, deren Bezüge von den Berufsgenosseschaften getragen werden.

Das einzige was helfen könnte, wäre die Erstellung einer Statistik, um dem Treiben der beratenden Ärzte der Berufsgenossenschaften einen Riegel vorzuschieben.

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Angeblich keine eindeutige silikotische Imprägnierung

Angeblich keine eindeutige silikotische Imprägnierung der Lungen trotz 34 Jahren Bergmannstätigkeit unter Tage

Im Rechtstreit – S 18 KN 250/09 U – nahm das Sozialgericht Gelsenkirchen statt einer eigenen Urteilsbegründung Bezug auf die Bescheide der Berufsgenossenschaft.

Ein Gutachten bzgl. der Silikose wurde dabei gerichtlich nicht eingeholt.

Pathologisch fällt den Ärzten auf, daß offenbar 61 % der beginnenden Silikosen falsch negativ beurteilt werden röntgenologisch.

Des weiteren ist bemerkenswert, daß bei einmaliger Gabe von Quarzstaub im Tierversuch mit Ratten, nach 3 bzw. 6 Monaten alle Versuchstiere fibrotische Veränderungen der Lungen aufweisen, so das Ergebnis einer Doktorarbeit aus dem Universitätsklinikum Münster, Institut für Arbeitsmedizin.

Wenn dem tatsächlich so ist, handelt es sich sehr wohl um eine eindeutige silikotische Imprägnierung.

Denn es kann nicht sein, daß im Tierversuch in jedem Fall quasi ausnahmslos eine Lungenfibrose entwickelt wird, nicht aber beim Bergmann nach 34 Jahren Staubbelastung unter Tage.

Hinzuweisen ist auf das Kollquium Begutachtung der Silikose am 12.03.2010 in Bergmannsheil, wo man versuchte, die Folgen der Moerserkonvention zu beheben, die gerade im beginnenden Bereich der Silikosen sich fatal auswirkte, und die Bergleute, obwohl diese geschädigt waren, leer ausgehen ließ.

Die Frage des Verfassers war auf dieser Tagung, ob nicht jahrzehntelange Tätigkeit unter Tage dafür gut ist, ein Sachverständigengutachten zum Vorliegen einer Silikose einzuholen, statt den Bergmann mit der Röntgenaufnahme gewissermaßen abzuspeisen.

Die Frage blieb im Ergebnis offen.

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Kausalitätsnorm der gesetzlichen Unfallversicherung

Kausalitätsnorm der gesetzlichen Unfallversicherung, die zu Gewohnheitsrecht erstarkt ist, in dem Sinne, daß wesentliche Mitursächlichkeit der beruflichen Bedingung vollkommend ausreichend ist;
hier:    Bandscheibenvorfall LWS L4/L5 eines 1957 geborenen Klägers, der Rand- und
Pflastersteine verlegte und andere Belastungen seiner Wirbelsäule beruflicher Art auf    zuweisen hat

In einem Rechtstreit – B 2 U 16/08 R – Urteil des Bundessozialgerichts vom 27.10.2009 zitiert das Bundessozialgericht zwar den Vortrag des Klägers, der sich dahin einläßt:

„Rügt der Kläger die Verletzung der Kausalitätsnorm der gesetzlichen Unfall- und Berufskrankheitenversicherung. Dieser Kausalitätsnorm, der aufgrund Gewohnheitsrechtes Gesetzeskraft zukomme, werde allein das Gutachten von Prof. Dr. Elsner gerecht. Die Arbeitsbelastungen im Sinne der BK-Nrn 2108 und 2110 lägen offen und gerichtskundig vor. Es widerspreche den Denkgesetzen, wenn das LSG, gestützt auf ein Parteigutachten eines Parteibeamten der Berufsgenossenschaft den jeweiligen Belastungen die Erheblichkeit und Kausalität abspreche. Mit den Regeln eines fairen Verfahrens nach Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention sei es nicht vereinbar, daß ein privatrechtlicher Verein, dem die Beklagte angehöre, Beweisregeln und Beweisregelwerke erarbeite.“

Damit ist der Klägervortrag allerdings nicht ausreichend wiedergegeben.

Denn ausweislich der Revision dort Seite 4 war auch der Inhalt dieser Kausalitätsnorm bezeichnet worden:

„Daß dabei die zitierte Kausalitätsnorm der gesetzlichen Unfallversicherung, in dem Sinne, daß wesentliche Mitursächlichkeit der beruflichen Bedingungen vollkommen ausreichend ist, gemäß BSG in NJW 1964, 2222 gewahrt sein könnte, ergibt sich bei diesen Regelwerken nicht.“

Leider erkennt das BSG hierbei nicht, d.h. in diesem Rechtstreit, daß es sich bei der Kausalitätsnorm der gesetzlichen Unfall- und Berufskrankheitenversicherung, in dem Sinne, daß wesentliche Mitursächlichkeit der beruflichen Bedingung vollkommen ausreichend ist um eine Rechtsnorm materieller Art des Bundesrechts handelt.

Tatsächlich wurde nur das Gutachten von Prof. Dr. Elsner dieser Kausalitätsnorm gerecht, während die anderen Gutachten auf Regelwerken beruhten, welche nicht einmal sicherstellen, daß die Frage der wesentlichen Mitursächlichkeit beruflicher Art überhaupt angedacht wird.

So wird in dem Urteil des BSG vom 27.10.2009 auch nicht mit einem Wort die Frage der wesentlichen Mitursächlichkeit gestreift, deren Verneinung nun deutlich gegen die Denkgesetze verstößt.

Es hat den Anschein, als ob hier zwei Sprachen gesprochen werden, einmal die berufsgenossenschaftliche Sprache der Regelwerke, MDD-Modell, Konsensusempfehlungen und zum anderen die Sprache der Kausalitätsnorm in dem Sinne, daß wesentliche Mitursächlichkeit der beruflichen Bedingung vollkommen ausreichend ist BSG in NJW 1964, 2222, wo der Hinweis sogar gegeben wird, daß selbst eine verhältnismäßig niedriger zu wertende Bedingung beruflicher Art sehr wohl wesentlich sein kann.

Daran nun operieren das MDD-Modell und die Konsensusempfehlungen, herausgegeben vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften, nun deutlich und wirksam vorbei.

Wenn sich das BSG an diese Regelwerke gebunden fühlt, in Wahrheit werden diese Regelwerke als antizipierte Sachverständigengutachten vom BSG praktiziert, kommt der Einzellfall naturgemäß nicht mehr zu seinem Recht.

Dieser Einzelfall wird dann mit den Regelwerken gewissermaßen aus dem Blick gerückt.

Mit dem Urteil vom 27.10.2009 hat das BSG die Chance vertan schlicht und einfach auf wesentliche Mitursächlichkeit der beruflichen Belastung zu erkennen, die nicht zu übersehen war, wenn man nicht an Regelwerken festhält, welche die Berufsgenossenschaften aufgestellt haben.

Daß für die Kausalitätsnorm keine Paragraphen-Nr. vergeben worden ist, ändert nichts an deren Charakter als materielle Norm des Bundesrechts.

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Berufskrankheit durch ionisierende Strahlen

Berufskrankheit durch ionisierende Strahlen, Nr. 2402 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung;
hier: Hochmalignes Non-Hodgkin-Lymphom der B-Zell-Reihe, SG Köln
– S 16 U 183/09 – in der Sache U. V.

Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts Köln lagen keine unabhängigen arbeitstechnischen Gutachten vor, sondern lediglich die Expertisen der eigenen Technischen Aufsichtsbeamten der Berufsgenossenschaften, die hier beteiligt sind.

Es geht um mögliche Gefährdungen im Bereich der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie, vormals Bergbau-Berufsgenossenschaft, der Hütten- und Walzwerks-Berufsgenossenschaft, der Steinbruchsberufsgenossenschaft etc.

Ob bei den fraglichen Tätigkeiten Strahlenbelastungen stattgefunden haben, kann die Witwe selber nicht abschätzen, weil diese Laiin ist und nicht an den Arbeitsstätten anwesend war.

Insofern gilt die Amtsermittlungspflicht der Berufsgenossenschaft, aber auch der Sozialgerichtsbarkeit, hier weiter zu prüfen.

Hinsichtlich der Tätigkeiten bzw. Belastungen in einem Elektrowerk war die Rede von Kobald-60-Strahlern, Gammastrahlern.

Daß die Radonbelastung natürlicher Art gesteigert war bei den Arbeiten des Ehemannes als Betriebsschlosser, Maschinen- und Montageschlosser wird klägerseitig unter Beweis gestellt.

Zum Thema Radon verhält sich Wikipedia, die Freie Enzyklopädie:

„Alle Isotope des Radon sind radioaktiv. …“

Da sich die drei relativ häufigen Isotope von Radon in Häusern in schlecht belüfteten Räumen ansammeln können, stellen sie eine Gefahr für die Gesundheit und eine erhebliche Radonbelastung dar.

Insofern kann hier der Ehemann der Klägerin durch seine berufliche Tätigkeit in gesteigertem Maße Radon ausgesetzt gewesen sein.

Der Fall weist die Besonderheit auf, daß seinerzeit die Berufsgenossenschaft, d.h. die Steinbruchsberufsgenossenschaft, ein Pleuramesotheliom, Berufskrankheit Nr. 4105, anerkannt hatte.

Diese Anerkennung wurde rückgängig gemacht bzw. Hinterbliebenenleistungen wurden abgelehnt, nachdem das Deutsche Mesotheliomregister durch Prof. Dr. K. – M. M. der Steinbruchsberufsgenossenschaft folgendes mitteilte:

„Mit Schreiben vom 03.02.2003 haben Sie uns mitgeteilt, daß Sie bei dem Versicherten, Herrn K. V., geb. 12.05.1943, ein Pleuramesotheliom als BK nach Ziff. 4105 anerkannt haben.

Dem Deutschen Mesotheliomregister wird jetzt bekannt, daß Herr V. kein Mesotheliom hat.

Wahrscheinlich sind Sie an einer ausführlicheren Zusammenhangsbegutachtung dieses ungewöhnlichen Krankheitsbildes interessiert. Ich bitte dann um einen entsprechenden Gutachtenauftrag und insbesondere um Übersendung der vollständigen Aktenunterlagen, die seinerzeit zur Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 4105 geführt haben.

Das Verfahren muß offensichtlich völlig neu aufgerollt werden.

Die Angelegenheit eilt und ich wäre Ihnen für eine umgehende Nachricht dankbar.“

Wegen der Berufskrankheit Nr. 4105 ist überdies ein Berufungsverfahren anhängig.

Es wird für nicht zulässig gehalten, daß hier das Deutsche Mesotheliomregister derart in einen Erkrankungsfall reinfunkt gewissermaßen.

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Unterschieben gewissermaßen eines berufsgenossenschaftlichen Gutachtens

Unterschieben gewissermaßen eines berufsgenossenschaftlichen Gutachtens unter das zuvor eingeholte Gutachten eines auswärtigen Gutachters

In einer Meniskus-Berufskrankheitssache, BK Nr. 2102, fällt auf, daß das positive Gutachten nicht ausgeführt werden soll, welches unter Angebot eines Gutachterauswahlrechtes von der Berufsgenossenschaft eingeholt wurde.

Statt dessen bemüht man einen Beratenden Arzt, Dr. D.

Dieser war zuvor Angehöriger der Sachverständigenstelle der Bau-Berufsgenossenschaft Wuppertal.

Dieser Gutachter kam naturgemäß zum gegenteiligen Ergebnis.

Die Berufsgenossenschaft bestreitet bei der Rüge des § 200 Abs. 2 SGB VII, Verletzung des Gutachterauswahlrechtes, daß das neue Gutachten überhaupt ein Gutachten wäre, weil dieses mit Stellungnahme überschrieben ist.

Ansonsten erfüllt allerdings diese Stellungnahme alle Kriterien eines Gutachtens, und zwar in Form eines Obergutachtens.

Der Beratende Arzt der Berufsgenossenschaft ist sich nicht zu schade, sich zum Obergutachter aufzuschwingen, obwohl eine gewisse Bescheidenheit angezeigt wäre.

Am Ende im Gerichtsverfahren ist dann nicht mehr erkennbar, wo die Beweishoheit liegt, beim Sozialgericht oder bei der Berufsgenossenschaft, deren Beratende Ärzte das Verfahren im Feststellungsverfahren und im Gerichtsverfahren weitgehend bestimmen.

Der Erkrankte wiederum muß nunmehr zuwarten, bis der Streit um die Entfernung der Stellungnahme des Beratenden Arztes beendet ist, und zwar rechtskräftig.

Eine Verbindung der Verfahren in der Sache und der Verfahren bezüglich Entfernung aus der Akte ist offenbar nicht angedacht in der Sozialgerichtsbarkeit, was wenig prozeßökonomisch ist.

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Anhörung eines bestimmten Arztes

Anhörung eines bestimmten Arztes im deutschen Sozialgerichtsprozess;
hier:    Grundsatz – Ausnahmeverhältnis gemäß § 109 SGG zur Schaffung von „Waffengleichheit“

Im Sozialgerichtsprozess, in welchem nun zunächst die Versicherungsträger selbst die Gutachtenaufträge vergeben, jedenfalls was das Feststellungsverfahren anbetrifft, hat der Gesetzgeber seinerzeit folgende Vorschrift des § 109 SGG festgelegt:

„§109 Abs. 1, Satz 1 SGG Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muss ein bestimmter Arzt gutachterlich gehört werden.“

Soweit also Satz 1 von Absatz 1 des § 109 SGG, wo also der Grundsatz statuiert ist, daß ein Gutachten ohne Kostenvorschuß erhoben werden soll nach § 109 SGG, und zwar vom Sozialgericht.

Es handelt sich also um ein gerichtliches Gutachten, auch wenn der Kläger, das heißt der betroffene Rechtsuchende den Arzt namentlich bestimmen kann.

In Satz 2 im zitierten Abs. 1 lautet es dann wie folgt:

„Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts entgültig trägt.“

Wir leiten daraus ab, aus der Konstellation dieser Vorschrift, daß im Grundsatz das Recht des Klägers darauf besteht, ein Gutachten nach § 109 SGG ohne Erbringung eines Kostenvorschusses erwirken zu können.

Die Ausnahme ist dann nach unserer Auffassung, gesetzlich gesehen, daß das Sozialgericht oder Landessozialgericht die Einholung eines derartigen Gutachtens von einem Kostenvorschuß abhängig machen kann.

Dem gegenüber erhebt die Sozialgerichtsbarkeit nahezu in jedem Fall einen Kostenvorschuss, will der Betroffene einen Gutachter nach § 109 SGG bezeichnen.

Eine Ermessensausübung, die im Abs. 2 vorgesehen ist, findet in keinem Fall statt.

Während man gerichtlich im Ermessensfall den Behörden weitgehende Vorschriften macht, wird bei Ausübung eigenen Ermessens durch das Gericht kein Ermessenskriterium beachtet und keine Ermessensausübung getätigt.

Es fragt sich, warum die Rechtsschutzversicherungen dies zu hinnehmen, das hier ein Regelausnahmeverhältnis derart ins Gegenteil verkehrt wird, mit der Folge, daß die Rechtschutzversicherer in jedem Fall eines 109-Gutachtens dann kostenpflichtig werden.

Nachdem wir unter dem 18.02.2010 in dem Rechtsstreit L 4 U 197/09 LSG NRW beantragt hatten:
Als Sachverständiger nach § 106 SGG, hilfsweise nach § 109 SGG, dies aber ohne die Auferlegung eines Kostenvorschusses, wird bezeichnet Prof. Dr. med. W., und zwar in einem Fall, in welchem ein Berufskrebs im Sinne der Berufskrankheit 4104 insbesondere streitig ist, wurde gerichtsseitig ohne weitere Begründung folgendes verfügt:
„Die Einholung eines Gutachtens § 109 des Sozialgerichtsgesetzes wird davon abhängig gemacht, daß die Klägerin einen Betrag von 2.200,00 Euro vorschießt.“

Nicht einmal die Frage wurde vom Gericht erhoben, ob denn die Witwe über eine Rechtsschutzversicherung verfügt, die gegebenenfalls eintreten möge.

In der Praxis bleibt die Regel, das ohne Ausübung von Ermessen gerichtsseitig auf jeden Fall ein Vorschuss erhoben wird im Falle des § 109 SGG.

Auf eine Diskussion läßt sich ein Landessozialgericht hier nicht ein.

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Anwaltliche Checkliste auf BG-Fehler

Anwaltliche Checkliste auf BG-Fehler bei Arbeitsunfall, Wegeunfall (auch Familienheimfahrt), Berufskrankheit (auch Asbestkrebsfälle)

Im Rahmen der Fortbildung hat unsere Kanzlei die nachstehende anwaltliche Checkliste auf BG-Fehler, d.h. Berufsgenossenschaftsfehler, erarbeitet, deren Handhabung hilfreich sein soll für die Geschädigten.

  1. Verbotswidriges Verhalten schließt den Versicherungsschutz nicht aus, so ausdrücklich § 7 Abs. 2 Sozialgesetzbuch VII.

Wir fragen uns immer noch, wie die Blutalkoholkonzentration beim Verkehrsteilnehmer dem Versicherten zum Nachteil gereicht, wo doch § 7 Abs. 2 Sozialgesetzbuch VII eindeutig ist.

Nachstehend also die anwaltliche Checkliste auf BG-Fehler:

  1. Verbotswidriges Verhalten schließt den Versicherungsschutz nicht aus, so ausdrücklich § 7 Abs. 2 Sozialgesetzbuch VII.
  2. Wurde der Katalog der versicherten Tätigkeiten geprüft, § 2 SGB VII, zum Beispiel auch Tätigkeit „wie ein Versicherter?“
  3. Achtung bei „gemischter Tätigkeit“! Wenn private Momente, etwa privater Haushalt, mitwirken, muss dies den Versicherungsschutz nicht ausschließen.
  4. Versicherter ist in dem körperlichen Zustand versichert, in welchem er sich befindet (bei privatem Vorschaden tritt der Arbeitsunfall um so eher auf).
  5. Wurde wesentliche Mitursächlichkeit beruflicher Art geprüft? (Der Unfall, die Berufskrankheit muss nicht die alleinige Ursache sein).
  6. Bitte auf den BG-Fehler einer monokausalen Betrachtung im Gutachten bzw. in den Gutachten der BG achten.
  7. Vorsicht bei dem Einwand der „der Gelegenheitsursache“, daß der Schaden bei jeder anderen Gelegenheit zum gleichen Zeitpunkt entstanden wäre, welche hypothetisch-reserveursächliche Einwendung die BG nicht beweisen kann, weshalb sich diese also von Rechts wegen in Beweisnot befindet.
  8. Selbst eine verhältnismäßig niedriger zu wertende Ursache beruflicher Art kann sehr wohl wesentlich sein, BSG in NJW 1964, 2222.
  9. Wurden „Beweisregeln“ angewandt („eine gesunde Sehne wäre bei dem Unfall nicht gerissen“)?
  10. Oder wurden antizipierte Parteigutachten, von den Berufsgenossenschaften beeinflusste Merkblätter in Bezug genommen?
  11. „Fehlende Mitwirkung“ enthebt die BG nicht von der Amtsermittlungspflicht.
  12. Hat die Berufsgenossenschaft das Verfahren mit rechtsbehelfsfähigem Bescheid gegenüber dem Versicherten abgeschlossen?
  13. Wurde von der BG dem Versichertenein Gutachterauswahlrecht angeboten (auch bei Obduktion!).
  14. Wurde nur ein Beratender Arzt gehört, Verstoß gegen § 200 Abs. 2 SGB VII.
  15. Dringend: Akteneinsicht nehmen wegen der Gutachten, die Überraschungen enthalten können (Ablehnungsbescheid trotz positivem Gutachten), Akteneinsicht nehmen auch wegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen bei einer Berufskrankheit. Ein Gutachterauswahlrecht dürfte dem Versicherten auch hinsichtlich der arbeitstechnischen Gutachten zustehen, § 200 Abs. 2 SGB VII.
  16. Beurteilungsfehler in der Kausalität ergeben sich immer wieder bei Anwendung des berufsgenossenschaftlichen Begriffes bzw. bei Unterstellung einer sogenannten „finalen Handlungstendenz“, welche die Berufsgenossenschaft gerne als eigenwirtschaftlich hinstellt, z. B. bei Reinigung der asbestkontaminierten Arbeitskleidung des Ehemannes durch die Ehefrau, mit der Folge eines tödlichen Pleuramesothelioms für Letztere.

Bitte achten Sie auf Fristen.

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Arbeitsunfall Gabelstapler

Ein Arbeiter einer Papierfabrik, der an Bluthochdruck leidet, wird kniend neben dem Gabelstapler in der Rohstoffhalle angetroffen, als er nicht mehr ansprechbar ist aufgrund einer gerade erlittenen Hirnblutung

Indizien für einen Arbeitsunfall sind hier die Tatsache, daß der Schaden auf der Betriebsstätte und während der Arbeitszeit aufgetreten ist.

Für den inneren Zusammenhang ist die Frage von Bedeutung, ob das Bewegen eines 500 kg bis 1.000 kg schweren Zopfes im Pulper und das Bewegen eines 1.000 kg schweren Altpapierballens hier zuviel waren für den Versicherten.

Versäumnisse der Berufsgenossenschaft bestehen darin, daß trotz dieses schweren Falles einer Hirnblutung auf der Arbeitsstätte gleichwohl der Technische Aufsichtsdienst keine Unfalluntersuchung vorgenommen hat und keinen Unfalluntersuchungsbericht gefertigt hat.

Außerdem wurde weder berufsgenossenschaftlich noch sozialgerichtlich ein Gutachten eingeholt, und zwar bis zur mündlichen Verhandlung am 03.03.2010.

Der Vorsitzende Richter meinte in der mündlichen Verhandlung, es wäre seitens der Klägerin leichtfertig, von einer schweren Arbeit am Unfalltage auszugehen, obwohl sich der Ehemann selbst immer wieder über die schwere Arbeit beklagte.

Jedenfalls war diese Arbeit am Unfalltag zuviel für den Versicherten, dem bereits die Hirnblutung drohte.

Droht einem bluthochdruckkranken Versicherten die konkrete Gefahr einer Hirnblutung, ist eine schwere Arbeit, also auch die letzte Schicht, contraindiziert, so daß sich hieraus die wesentliche Mitursächlichkeit ergeben kann, ohne daß eine Lebenszeitverkürzung um 1 Jahr nachzuweisen wäre.

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Stage (Einsatz) eines Sozialrichters

Stage (Einsatz) eines Sozialrichters beim Landessozialgericht NRW

Der betreffende Sozialrichter berichtete von seinem Einsatz beim Berufungsgericht wie folgt:

Gutachten von Amts wegen nach § 106 SGG kämen nicht in Betracht, die Akte wäre voll genug, wurde ihm am Berufungsgericht bedeutet.

109er Gutachten kämen auch nicht in Betracht, diese würden eh zu nichts führen.

Diesen Zahn müsse man dem Kläger ziehen.

Wenn die Berufung schon nicht so zurückgenommen würde, müßte man eben einen Erörterungstermin anberaumen, um die Sache gewissermaßen „totzuschlagen“.

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Gerichtliches Aktenzeichen

Reicht es aus, wenn im Berufungsverfahren das Aktenzeichen vom Gericht vergeben wird, d.h. hier vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, welches dann nur abgeändert wird, ohne daß das Gericht in eine Sachbearbeitung einsteigt und statt dessen nur Ausschlußfristen setzt, gem. § 106 a SGG und gem. § 109 SGG.

In dem Rechtsstreit L 4 (15) U 197/09 geht das Berufungsgericht den Beweisanträgen nicht nach, obwohl das Gutachten des Mesotheliomregisters, einer berufsgenossenschaftlichen Einrichtung unter Verletzung von § 200 Abs. 2 SGB VII berufsgenossenschaftlich eingeholt worden war.

Im Streit steht, ob die berufliche Asbestbelastung den Lungenkrebs des Versicherten hervorgerufen hat, wobei die Asbestbelastung über lange Jahre währte.

Der Befund der Lungenstaubanalyse von 20 bis 30 Asbestkörpern pro Kubikzentimeter Lungengewebe soll angeblich nicht ausreichend sein.

Im Berufungsverfahren verteidigt das Berufungsgericht gewissermaßen die Parteiergebnisse, nämlich das Expositionsgutachten des eigenen Technischen Aufsichtsbeamten der Berufsgenossenschaft sowie das Gutachten des Mesotheliomregisters von Prof. Tannapfel, ohne etwa die Betriebsakten beizuziehen, welche der Technische Aufsichtsdienst über das Mitgliedsunternehmen führt, wo der Versicherte lange Jahre asbestbelastet war.

Bei den arbeitsmedizinischen Untersuchungen war der Versicherte wegen Flecken auf der Lunge auffällig geworden.

Der Versicherte selbst schrieb an die Berufsgenossenschaft, daß er 22 Jahre im staubgefährdeten Betrieb tätig gewesen war.

Daß man seine Lungenasbestose bestreitet, erscheint der geschädigten Familie nicht mehr als nachvollziehbar.

Daß eine Bystanderexposition etwa nur mit 1/10 berechnet wird, geht deutlich an dem Charakter einer Asbestexposition und am Charakter der Asbestschwebestäube vorbei.

In erster Instanz war das Sozialgericht Gelsenkirchen S 13 U 161/08 der Auffassung, daß die Bewertungen der Berufsgenossenschaft als eher großzügig zu bewerten seien, obwohl die massiven Belastungen in der berufsgenossenschaftlichen Ermittlung nicht eben selten massiv bagatellisiert werden.

Artikel 6 der Menschenrechtskonvention sieht ein faires Gerichtsverfahren vor, auch also im Sozialgerichtsprozeß.

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