Ansprüche des asbestgefährdeten Feuerungsmaurers
Ansprüche des asbestgefährdeten Feuerungsmaurers auf Übergangsleistungen für fünf Jahre nach § 3 Abs. 2 Berufskrankheitenverordnung, wenn dieser die gefährdende Tätigkeit aufgegeben hat
Der Versicherte im Fall des LSG NRW – L 10 U 266/18 – war als Feuerungsmaurer beschäftigt, zuletzt bei der Firma K. in Ratingen. Seit etwa 1972 war er häufig auf Baustellen im Ausland, z. B. in Belgien, Frankreich und Saudi Arabien, eingesetzt. Von 1976 bis zu seinem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben war er Oberpolier. Teilweise war er bei den Auslandseinsätzen als Bauleiter verantwortlich.
Am 31.03.1996 schied der Versicherte aus dem Erwerbsleben aus und bezog seit dem 01.04.1996 vorgezogene Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Auf die Berufskrankheitsanzeige des Dr. L. stellte die Berufsgenossenschaft eine Lungenerkrankung fest, insbesondere eine Berufskrankheit Nr. 4103.
Mit weiterem Bescheid lehnte die Berufsgenossenschaft es aber ab, auch Leistungen nach § 3 BKV zu bewilligen. Zur Begründung führte die Berufsgenossenschaft im Rechtsstreit aus, Präventivmaßnahmen seien vorrangig zu prüfen. Da Asbestprodukte im Jahr 1990 verboten worden seien, könnte durch solche Maßnahmen der Verbleib im Beruf in der Regel gesichert werden. Den hiergegen eingelegen Widerspruch, mit welchem der Versicherte insbesondere geltend machte, Präventionsmaßnahmen seien jedenfalls bei seinen zahlreichen Auslandseinsätzen nicht gewährleistet gewesen, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.10.2006 zurück.
Der Versicherte sei bei seinen aufsichtsführenden Tätigkeiten als sogenannter Bystander gegenüber Asbestfaserstäuben nur kurzfristig exponiert gewesen, so dass jedenfalls im Tagesmittel die Faserstaubkonzentration unter dem zuletzt gültigen Grenzwert für Asbeststäube gelegen habe.
Soweit die gerichtliche Theorie.
Tatsächlich aber besteht bei einem Asbestisolierer, bzw. Feuerungsmaurer, bereits die Gefahr nach wenigen Tagen Exposition, Jahrzehnte später etwa an einem Pleuramesotheliom zu erkranken und zu versterben.
Den gefährdeten Personen, d.h. hier den Feuerungsmaurern, sollte ermöglicht werden, unter Erhalt von Übergangsleistungen dem Gefährdungsbereich aus dem Wege zu gehen, ob im Inland oder im Ausland.
Insbesondere auf Montage kann ein Feuerungsmaurer im Ausland den Asbestbelastungen keineswegs entgehen.
Es fragt sich, wem mit der Rechtsprechung dann noch gedient sein soll, wenn es heißt:
„Insoweit ist allerdings, da ein Bezug zu einer bestimmten BK besteht, erforderlich, dass der Versicherte aufgrund seiner versicherten Tätigkeit Einwirkungen auf seine Gesundheit ausgesetzt ist, bzw. war, die aktuell eine konkrete individuelle Gefahr des Entstehens einer BK begründen, er wegen der fortbestehenden Gefahr die gefährdende Tätigkeit einstellt und es dadurch zu einer konkreten Verdienstminderung, bzw. sonstigen wirtschaftlichen Nachteilen, kommt (BSG vom 12.01.2010 – B 2 U 33/08 R). Mit dem Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der Versicherte aber noch keinen Anspruch auf eine konkrete Leistung, sondern nur darauf, dass der Unfallversicherungsträger nach pflichtgemäßem Ermessen über das Ob und gegebenenfalls die Art, den Inhalt und die Dauer der Übergangsleistung entscheidet (BSG 22.03.2011. B 2 U 12/10 R).
Statt also eine konkrete Schadensberechnung vorzunehmen wird der Berufsgenossenschaft ein Ermessensspielraum eröffnet. Versicherte, die die gefährdende Tätigkeit unterlassen, weil die Gefahr fortbesteht, haben zum Ausgleich hierdurch verursachter Minderungen des Verdienstes oder sonstiger wirtschaftlicher Nachteile gegen den Unfallversicherungsträger Anspruch auf Übergangsleistungen.
Von einem Ermessenspielraum ist hier nicht die Rede und wenn ein Ermessen bestehen sollte, dann allenfalls zu Gunsten des Erkrankten selbst und Versicherten.
Nämlich dahingehend, ob es ein einmaliger Betrag bis zur Höhe der Vollrente sein soll oder eine monatlich wiederkehrende Zahlung bis zur Höhe eines 12tels der Vollrente, längstens für die Dauer von fünf Jahren.
Nicht erträglich ist, dass Versicherte aus Asbestisolierunternehmen, Feuerungs- und Bauunternehmen etc. immer wieder einer Asbestbelastung auf Montage etwa ausgesetzt sein mögen, ohne, dass man ihnen die Möglichkeit einräumt, durch die Gewährung von Nachteilsausgleichen, bzw. Übergangsleistungen, der Gefährdungslage ein Ende zu setzen.
Rolf Battenstein
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht