Stage (Einsatz) eines Sozialrichters

Stage (Einsatz) eines Sozialrichters beim Landessozialgericht NRW

Der betreffende Sozialrichter berichtete von seinem Einsatz beim Berufungsgericht wie folgt:

Gutachten von Amts wegen nach § 106 SGG kämen nicht in Betracht, die Akte wäre voll genug, wurde ihm am Berufungsgericht bedeutet.

109er Gutachten kämen auch nicht in Betracht, diese würden eh zu nichts führen.

Diesen Zahn müsse man dem Kläger ziehen.

Wenn die Berufung schon nicht so zurückgenommen würde, müßte man eben einen Erörterungstermin anberaumen, um die Sache gewissermaßen „totzuschlagen“.

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Fehlende Mitwirkung der Witwe und minderjährigen Waise

Fehlende Mitwirkung der Witwe und minderjährigen Waise im berufsgenossenschaftlichen Feststellungsverfahren eines Lungenkrebs, etwa Berufskrankheit Nr. 4104

Unsere Kanzlei stellte unter dem 02.06.2008 bei der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft Entschädigungsantrag wegen des verstorbenen Familienvaters B. K., geb. 27.12.1958, verst. 30.10.2007.

Der Entschädigungsantrag wurde für die Witwe und die Waisen gestellt.

Es wurde auch der letzte Arbeitgeber, nämlich das Bauunternehmen V. K. bezeichnet, wo auch Abbrüche gemacht wurden.

Außerdem erfolgte Hinweis darauf, daß der Versicherte offenbar Gefahrguttransporte bewerkstelligen und Schwarzes für den Straßenbau fahren mußte.

Die Tatsache, daß die Witwe die Formulare der Berufsgenossenschaft nicht ausfüllte, und zwar trotz Erinnerung nicht, nahm die Berufsgenossenschaft zum Anlaß, Leistungen zu versagen, und zwar wegen fehlender Mitwirkung.

Der Tenor im Bescheid der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft vom 24. Oktober 2008 geht dahin:

„Sehr geehrte Frau K.,

die Gewährung von Sozialleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wird wegen fehlender Mitwirkung versagt.“

Den Einwänden des Anwalts entsprach die Berufsgenossenschaft nicht, daß auch anderweitig, d.h. ohne Erhebung von Formularen ein Sachverhalt ermittelt werden kann.

Den Hinweis, daß ein Außendienstmitarbeiter der Berufsgenossenschaft die Klägerin aufsuchen solle, und zwar wegen der Informationen, welche die Berufsgenossenschaft benötige, nahm die Berufsgenossenschaft lediglich zum Anlaß, die Telefonnummer ihres Mitarbeiters bekanntzugeben, den die Witwe anrufen möge.

Daß dies ein Grund sein soll, eine mögliche Anspruchsprüfung zu unterlassen, zu Lasten der Witwe, aber auch zu Lasten der 15jährigen Waise, erscheint als nicht mehr nachvollziehbar.

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Das Sozialgericht Freiburg befand im Gerichtsbescheid vom 16.02.2010 das Verhalten der Berufsgenossenschaft als großzügig, den Besuch ihres Mitarbeiters anzubieten, ohne daß dieser sich aber bei der Witwe meldete, andererseits aber das Verhalten der Klägerseite als „schlicht dreist“, und zwar mit den Worten:

„Der beklagten Berufsgenossenschaft vorzuhalten, der Mitarbeiter der Berufsgenossenschaft hätte von sich aus bei der Klägerin anrufen müssen, ist  vor dem Hintergrund der Mitwirkungspflicht der Klägerin und ihrer vollständigen Passivität … schlicht dreist.“

Wohlgemerkt, dem Sozialgericht war mitgeteilt worden, daß der Anwalt gelegentlich der gewährten Akteneinsicht bei der Klägerin angerufen hat und dort nur den 15jährigen Sohn erreichte, diesem aber ausgerichtet hat, worum es geht.

Anmerkung:

Die Krankenkassen beklagen, und zwar in den Fällen, in welchen die Krankenkassen Erstattungsansprüche an die Berufsgenossenschaft haben können, daß es Methode habe, wenn die Berufsgenossenschaft wegen fehlender Mitwirkung die Akte schließt.

Fehlende Mitwirkung kann dabei auch sein, daß der Berufskrebserkrankte verstorben ist.

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Gerichtliches Aktenzeichen

Reicht es aus, wenn im Berufungsverfahren das Aktenzeichen vom Gericht vergeben wird, d.h. hier vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, welches dann nur abgeändert wird, ohne daß das Gericht in eine Sachbearbeitung einsteigt und statt dessen nur Ausschlußfristen setzt, gem. § 106 a SGG und gem. § 109 SGG.

In dem Rechtsstreit L 4 (15) U 197/09 geht das Berufungsgericht den Beweisanträgen nicht nach, obwohl das Gutachten des Mesotheliomregisters, einer berufsgenossenschaftlichen Einrichtung unter Verletzung von § 200 Abs. 2 SGB VII berufsgenossenschaftlich eingeholt worden war.

Im Streit steht, ob die berufliche Asbestbelastung den Lungenkrebs des Versicherten hervorgerufen hat, wobei die Asbestbelastung über lange Jahre währte.

Der Befund der Lungenstaubanalyse von 20 bis 30 Asbestkörpern pro Kubikzentimeter Lungengewebe soll angeblich nicht ausreichend sein.

Im Berufungsverfahren verteidigt das Berufungsgericht gewissermaßen die Parteiergebnisse, nämlich das Expositionsgutachten des eigenen Technischen Aufsichtsbeamten der Berufsgenossenschaft sowie das Gutachten des Mesotheliomregisters von Prof. Tannapfel, ohne etwa die Betriebsakten beizuziehen, welche der Technische Aufsichtsdienst über das Mitgliedsunternehmen führt, wo der Versicherte lange Jahre asbestbelastet war.

Bei den arbeitsmedizinischen Untersuchungen war der Versicherte wegen Flecken auf der Lunge auffällig geworden.

Der Versicherte selbst schrieb an die Berufsgenossenschaft, daß er 22 Jahre im staubgefährdeten Betrieb tätig gewesen war.

Daß man seine Lungenasbestose bestreitet, erscheint der geschädigten Familie nicht mehr als nachvollziehbar.

Daß eine Bystanderexposition etwa nur mit 1/10 berechnet wird, geht deutlich an dem Charakter einer Asbestexposition und am Charakter der Asbestschwebestäube vorbei.

In erster Instanz war das Sozialgericht Gelsenkirchen S 13 U 161/08 der Auffassung, daß die Bewertungen der Berufsgenossenschaft als eher großzügig zu bewerten seien, obwohl die massiven Belastungen in der berufsgenossenschaftlichen Ermittlung nicht eben selten massiv bagatellisiert werden.

Artikel 6 der Menschenrechtskonvention sieht ein faires Gerichtsverfahren vor, auch also im Sozialgerichtsprozeß.

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Kürzung der Übergangsleistungen

Kürzung der Übergangsleistungen nach § 3 Abs. 2 Berufskrankheitenverordnung für die Zukunft des Fünfjahreszeitraums durch sog. Grundbescheid

Eine Berufsgenossenschaft des Metallbereichs vermeint zu dem Aktenzeichen 01 S 11 2004 046256, die Kürzung nach Fünfteln bereits durch den Grundbescheid sicherstellen zu können, so daß der Versicherte und Berufserkrankte dann nicht mehr gegen die jeweiligen Bescheide des betreffenden Jahres vorgehen könne, was die Kürzung nach Fünfteln anbelangt.

Dem gegenüber hat ein Sozialgericht seinerzeit eine künftige Kürzung nach Fünfteln für ermessensfehlerhaft erklärt, eben weil der Sachverhalt noch gar nicht vollendet sei und zu beurteilen.

Im Einzelfall kostet dies den Versicherten und Berufserkrankten viel Geld.

Statt des errechneten Mindereinkommens von 9.183,96 EUR wird die Übergangsleistung für den Zeitraum vom 22.10.2007 bis 21.10.2008 auf 3.673,58 EUR heruntergekürzt = 2/5 des Mindereinkommens, 4. Laufjahr.

Im 5. Laufjahr wird noch drastischer gekürzt, nämlich auf 1/5 Schadenersatz.

Mit § 2 Abs. 2 SGB I ist dies nicht in Übereinstimmung zu bringen, eben weil bei Ermessensleistungen die möglichst weitgehende Verwirklichung der Rechte des sozialen Anspruchstellers zu gewährleisten bzw. zu verwirklichen ist.

Dem Betroffenen bleibt nur der Widerspruch bzw. dann die Klage, wenn der Widerspruchsbescheid negativ ausfällt.

Höchstrichterlich ist dies offenbar bis heute nicht entschieden, was die Anwendung des § 2 Abs. 2 SGB I wie bezeichnet anbetrifft.

Es fällt auf, daß das Bundessozialgericht hier einer klaren Entscheidung ausweicht.

Letztlich geht die Kürzung nach Fünfteln auf ein von den Berufsgenossenschaften erdachtes Modell zurück, welchem die Sozialgerichtsbarkeit seinerzeit nicht entschieden entgegenwirkte.

Die Berufsgenossenschaften selbst halten dies für ihren sozialen Besitzstand offenbar, während der soziale Besitzstand des rechtlichen Anspruchstellers zu wahren ist, was hier nicht geschieht.

Einer angeblichen Bestandskraft des Grundbescheides für die Zukunft sollte der Betroffene keinen Glauben schenken.

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Handelt es sich um einen Arbeitsunfall

Handelt es sich um einen Arbeitsunfall, wenn der Verletzte im Unfallfragebogen der Berufsgenossenschaft angibt:

„Ich kniete vor einem Sofa und wollte es auf einen Rollwagen heben; dabei kam es im rechten Knie zu einem Knacken und einem starken Schmerz.“

In der Folgezeit kam es überdies zu einem Erguß und es wurde ein Meniskusriß festgestellt.

Die Berufsgenossenschaft verneint jeglichen Arbeitsunfall und wendet prompt den Einwand der Gelegenheitsursache ein, obwohl es sich dabei nicht um einen Rechtsbegriff handelt und in keiner Weise zu beweisen ist, daß der Verletzte zum gleichen Zeitpunkt auch ohne den Unfallhergang die Knieverletzung erlitten hätte.

In Wahrheit handelt es sich bei dem strapazierten Begriff der Gelegenheitsursache um eine unzulässige, weil hypothetisch reserveursächliche Einwendung, die im Schadenersatzrecht nichts zu suchen hat.

Zu dieser Klarstellung verstehen sich allerdings die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nicht.

Sie finden also in den Entscheidungsgründen eines Urteils zum Thema eines Arbeitsunfalls nicht, auch wenn sie diesbezüglich vortragen, ein Wort zum Charakter der Gelegenheitsursache, nämlich zu dem hypothetisch reserveursächlichen Charakter.

Dann würde das Urteil nicht mehr passen.

Dann würde auch nicht erkennbar, daß die Berufsgenossenschaft in Beweisnot ist, weil es sich hier unzweifelhaft um einen Arbeitsunfall handelt.

War der Verletzte vorgeschädigt, drittgradiger Knorpelschaden war eine der Diagnosen, konnte um so eher der Meniskus reißen mit der Folge der Ergußbildung.

Statt einer Anwendung der Kausalitätsnorm in dem Sinne, daß wesentliche Mitursächlichkeit vollkommen ausreichend ist und selbst eine verhältnismäßig niedriger zu wertende Bedingung beruflicher Art sehr wohl wesentlich sein kann, BSG in NJW 1964, 2222, statt also die Kausalitätsnorm wie bezeichnet anzuwenden, versucht man es berufsgenossenschaftlich und sozialgerichtlich mit dem Einwand von Beweisregeln, welche allesamt die Kausalitätsnorm wie bezeichnet verletzen, nämlich mit der Frage, welcher Unfallhergang erforderlich ist, um einen gesunden Meniskus zu schädigen.

Natürlich hatte der Verunglückte zuvor bereits kniebelastend gearbeitet, und zwar offenbar dauerhaft, weshalb überdies anzuraten ist, die Berufskrankheit Nr. 2102 in einem solchen Fall anzumelden und die Berufskrankheit der Gonarthrose bescheiden zu lassen, und zwar von der Berufsgenossenschaft, welche das Vorliegen der Berufskrankheiten von Amts wegen nicht prüft in einem solchen Fall, wie die Praxis lehrt.

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Wegfall des Büroteils

Wegfall des Büroteils in den Gefahrtarifen verschiedener Berufsgenossenschaften

§ 157 SGB VII lautet zu dem Gefahrtarif wie folgt:

„Der Unfallversicherungsträger setzt als autonomes Recht einen Gefahrtarif fest.

In dem Gefahrtarif sind zur Abstufung der Beiträge Gefahrklassen festzustellen“.

Der Gefahrtarif wird nach Tarifstellen gegliedert, in den Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs gebildet werden.

Obwohl die gesetzliche Ausgangslage so lautet, gehen die Berufsgenossenschaften aus fiskalischem Grund zunehmend dazu über, die Büroteile in den Gefahrtarifen einzustampfen und nur noch einen gewerblichen Gefahrtarif auszuwerfen.

Selbst dann wirkt sich das mindere Gefahrenrisiko des Büroteils nicht aus, wenn die Mehrheit der Mitarbeiter eines Unternehmens kaufmännisch, verwaltend bzw. büromäßig tätig ist.

Bei den Bau-Berufsgenossenschaften soll dies bereits angedacht sein, aber fest steht da noch gar nichts, wie es heißt.

Die ehrenamtlichen Mitglieder der Berufsgenossenschaften, also die Repräsentanten der Arbeitgeberschaft und der Arbeitnehmerschaft, sollten verstärkt darauf achten, derartigen Pauschalierungen entgegenzuwirken.

Daß ein Einheitsgefahrtarif die Vorschrift des § 157 Abs. 2 SGB VII verletzt, erscheint als offenkundig.

Abhilfe könnte leisten, bei den gewerblichen Berufsgenossenschaften im Nebenunternehmenstarif bzw. „Hautunternehmenstarif“ die Gefahrtarifstelle bzw. Gefahrklasse der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft zugrunde zu legen, Gefahrklasse 0,57.

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Einlassung der Berufsgenossenschaft

Einlassung der Berufsgenossenschaft, man würde ja gerne helfen, aber das Bundessozialgericht würde dies nicht zulassen.

Diesen Einwand bekommen immer wieder die Sozialpartner, also die Vertreter der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer in den Rentenausschüssen und der Widerspruchsstelle zu hören, ohne daß diese darin irgendeinen Widerspruch erkennen würden.

Tatsächlich aber verhält es sich so, daß es zu einer BSG-Entscheidung des Bundessozialgerichts nur dann kommt, wenn zuvor eine berufsgenossenschaftliche Ablehnung getätigt wurde und durch die Verfahren getrieben.

Mithin kommen die Einwände gegenüber den Versicherungsfällen nicht originär vom Bundessozialgericht, sondern zunächst von der Berufsgenossenschaft aus, welche etwa verschiedene Modelle in der Unfall- und Berufskrankheitenversicherung entwickelte.

Das Instrument der finalen Handlungstendenz, welches die Berufsgenossenschaften entwickelten, seinerzeit Dr. Watermann, wird heute vielfach benutzt, um Ansprüche von Versicherten mit dem Einwand abzulehnen, der Fall würde von der finalen Handlungstendenz des Versicherten zum Zeitpunkt des Erleidens des Arbeitsunfalls nicht gedeckt.

Forscht man also danach, wessen sich der Versicherte zum Zeitpunkt des Arbeitsunfalls oder Berufskrankheit bewußt war, ergibt sich meist das Ergebnis einer Fehlanzeige.

Statt dann aber den Versicherungsschutz zu verneinen sollte die Kausalitätslehre beachtet werden, die zu einer Kausalitätsnorm erstarkt ist, gewohnheitsrechtlich, in dem Sinne, daß wesentliche Mitursächlichkeit der beruflichen Bedingungen vollkommen ausreichend ist, was den Versicherungsschutz anbetrifft.

Auf BSG in NJW 1964, 2222 sei Bezug genommen, wo die Rede ist von eben dieser Kausalitätsnorm und der Hinweis gegeben wird, daß selbst eine verhältnismäßig niedriger zu wertende Bedingung beruflicher Art sehr wohl wesentlich sein kann.

Prüfen Sie bitte einmal die finale Handlungstendenz eines Sparkassenangestellten, der die Sparkassenschlüssel am Hosenbund trägt, in dessen Besitz sich die Delinquenten versetzen wollen, um die Bank auszurauben.

Geschieht der Überfall auf den Sparkassenangestellten am Samstag in der Nacht, als dieser die Notdurft verrichtet, würde von der finalen Handlungstendenz des Versicherten hergesehen der Versicherungsschutz entfallen.

Richtig ist demgegenüber die kausale Betrachtungsweise, der zurfolge hier ein wesentlicher Zusammenhang im Sinne der Mitursächlichkeit offenkundig ist.

Gerade im Grenzfall führt die Anwendung einer sogenannten finalen Handlungstendenz bzw. die Anforderung einer solchen zum falschen Ergebnis, während man im einfachen Fall dieser komplizierten Begriffsbestimmung nicht bedarf.

Mit der Begründung einer angeblich entgegenstehenden finalen Handlungstendenz wies das Bundessozialgericht den Fall zurück, erkannte also auf Ablehnung des Versicherungsschutzes, in welchem die Hausfrau die gewerblich asbestkontaminierte Arbeitskleidung ihres Mannes gereinigt hatte und in Folge dessen an einem tödlichen Asbestmesotheliom, Pleuramesotheliom, erkrankte, Berufskrankheit Nr. 4105.

Dies ist die schlimmste Auswirkung, welche bisher aus Anlaß der Einführung des Begriffs der finalen Handlungstendenz in die Rechtsprechung resultiert, vom fatalen Fall hergesehen und falschen Ergebnis hergesehen.

Keineswegs würde die Berufsgenossenschaft hier gerne entschädigen, im Gegenteil.

Nicht das Bundessozialgericht tätigte die erste Ablehnung des Versicherungsschutzes sondern es war die zuständige Berufsgenossenschaft, die die Ansprüche der Hausfrau ablehnte, obwohl kein privates Moment bei der Reinigung der Arbeitskleidung des Ehemannes erkennbar ist, welche asbestkontaminiert war.

Es handelte sich eben nicht um den Hochzeitsanzug, welchen die geschädigte Ehefrau ausbürstete.

Mit den Stichtagseinwänden gegenüber den Berufskrankheiten Lungenkrebs bei Vorliegen von sogenannten 25 Asbestfaserjahren, 1.4.1988, gegenüber den Berufskrankheiten Nr. 2108, Wirbelsäulenerkrankung, Stichtag 1.4.1988 und mit den Stichtagen beim Bergarbeiteremphysem, Berufskrankheit Nr. 4111, Stichtag 1.1.1993, dürfte es sich ähnlich verhalten, daß die Berufsgenossenschaften nämlich auf den Einfall kamen, die Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall aus der Vorzeit nicht mehr zu prüfen und zu entschädigen.

Daß sich dann das Bundessozialgericht darauf verstanden hat in der Rechtsprechung, ist ein schlimmes Kapitel und bei weitem bis heute nicht behoben.

In den meisten Fällen wirkt der Stichtagseinwand fort, so daß also die betroffenen Asbestisolierer, Transportarbeiter, Bergleute bis heute leer ausgehen, und zwar wegen des Stichtagseinwandes und der unterlassenen Prüfung von § 551 II RVO Berufskrankheiten nach neuer Erkenntnis im Einzelfall.

Das Bundessozialgericht hat sich auch darauf eingelassen, daß die Übergangsleistungen für fünf Jahre ab Aufgabe der gefährdenden Tätigkeiten eines Berufskrankheiten jedes Jahr um 1/5tel gekürzt werden, beginnend mit dem zweiten Laufjahr der Übergangsleistungen.

Dabei handelt es sich um eine freie Erfindung der Berufsgenossenschaften, die freiwillig keineswegs leisten, wenn es um Übergangsleistungen bei den Berufskrankheiten geht, deren Tatsache nicht selten verschwiegen wird gegenüber den Betroffenen.

Sowie es dann aber in der Gerichtspraxis passiert, hat es den Anschein, es müßte sich der Versicherte nicht nur der Berufskrankheit erwehren sondern auch der Sozialgerichtsbarkeit, welche die berufsgenossenschaftlichen Einwände viel zu oft mittragen, nicht ohne den Verletzten Verschulden vorzuwerfen, wenn diese den berufsgenossenschaftlichen Kontruktennicht zu folgen bereit sind.

Bei den Übergangsleistungen etwa gemäß § 3 Abs. 2 BKV für die Berufserkrankten oder diejenigen, denen eine Berufserkrankung droht, gilt § 2 Abs. 2 SGB I also, d.h. es muß sichergestellt werden bei Auslegung der Vorschriften des Sozialgesetzbuches und bei Ausübung von Ermessen, daß die sozialen Rechte des Anspruchstellers möglichst weitgehend verwirklicht werden.

Das Gegenteil ist der Fall, wenn schematisch und ohne Ausnahme gekürzt wird bei den Übergangsleistungen nach der 5tel Methode, so daß im fünften Laufjahr der Schaden nur noch zu 1/5tel entschädigt wird, obwohl er um 4/5tel höher ist.

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Lungenkrebserkrankung durch Strahlenbelastung im Uranbergbau

Lungenkrebserkrankung durch Strahlenbelastung im Uranbergbau;

hier:     Jacobigutachten etwa oder andere Werke

Es sei zitiert aus einem Sachverständigengutachten dort S. 11 für das Sozialgericht Chemnitz
– S 8 U 368/06 KN -, wo erklärt wird:

„eine Verursachungswahrscheinlichkeit von mindestens 50 % zu fordern, die sich auf die epidemiologisch ermittelte Verdoppelungsdosis für die zur Debatte stehende bösartige Erkrankung bezieht. Dabei wird die Verdoppelungsdosis VD allgemein definiert als die Dosis eines Schadfaktors, die im exponierten Kollektiv mindestens doppelt so viele Erkrankungsfälle im Vergleich mit einer nichtexponierten Kontrollpopulation induziert.“

Weiter heißt es:

„Die Verdoppelungsdosis VD entspricht einer Verursachungswahrscheinlichkeit VW von
50 %. „

Was ist hier passiert?

Man argumentiert hier, als gäbe es die Listenberufskrankheit Nr. 2402 für den vorliegenden Fall noch gar nicht.

Statt dessen stellt man in Frage, was der Verordnungsgeber durch Schaffung der Listennummer 2402 längst entschieden hat, nämlich die einfache Kausalität im Listenfall, die bis zur Mitursächlichkeit reichen darf.

Verletzt wird hier die Kausalitätsnorm der gesetzlichen Unfallversicherung und Berufskrankheitenversicherung in dem Sinne, daß wesentliche Mitursächlichkeit der beruflichen Bedingungen vollkommen ausreichend ist.

Auf BSG in NJW 1964, 2222 wird Bezug genommen, wo die Rede ist von dieser Kausalitätsnorm und der Hinweis gegeben wird, daß selbst ein verhältnismäßig niedriger zu wertende Bedingung beruflicher Art sehr wohl wesentlich sein kann.

Diese allgemein gültige Kausalitätsnorm, die zu Gewohnheitsrecht erstarkt ist, wird in den Lungenkrebsfällen der Uranbergleute nun deutlich verletzt, wenn eine Verdoppelungsdosis gefordert wird, die nachzuweisen wäre.

Dies ist eine unzulässige Hürde, selbst sogar für die Frage der Listenerweiterung, d.h. der Erweiterung der Berufskrankheitenliste, wo ebensowenig eine Verdoppelungsdosis zu fordern ist.

Die rechtlich zu klärende Frage ist schlicht diejenige, ob die Belastung im Uranbergbau wesentlich mitursächlich ggf. verhältnismäßig niedriger zu bewertende Mitursache, wurde für den eingetretenen Lungenkrebs.

Es verstößt gegen die Denkgesetze, diesen Zusammenhang zu leugnen und es verstößt überdies gegen die Kausalitätsnorm wie bezeichnet, in dem Sinne, daß wesentliche Mitursächlichkeit genügt.

Der Verdoppelungsdosis bzw. der dahingehenden Anforderung begegnen wir in gerichtlichen Beweisbeschlüssen nicht eben selten, wo gefragt wird, ob der Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit annähernd gleichwertig durch die Berufsarbeit bedient wurde oder nicht.

Dies führt zu unzulässigen Berechnungen, sehr zum Schaden der Versicherten, die dann leer ausgehen, obwohl sie beruflich geschädigt worden sind, im Sinne der wesentlichen Mitursächlichkeit und dies hinreichend wahrscheinlich ist.

Plausibilität des Zusammenhangs genügt also rechtlich.

Das Jacobigutachten dürfte eine unzulässige Beweisregel sein, im Sinne des antizipierten Parteigutachtens, sofern dieses also vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften herausgegeben wird.

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Lebenszeitverkürzung um ein Jahr

Lebenszeitverkürzung um ein Jahr;
hier:   Fall des Jägers, der wie ein versicherter Landwirt bei der Schlachtung eines Schweines
tätig wird und auf der Schlachtstätte einen Sekundenherztod erleidet

Berufsgenossenschaftlich wurde seinerzeit der Witwe entschiedener Widerstand entgegengebracht, etwa diesen Fall als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen.

Eine wesentliche Mitursächlichkeit wurde in der verrichteten Arbeit nicht gesehen berufsgenossenschaftlich, also beim Setzen des Bolzenschutzes und dessen Mißglücken, so daß das Schwein sich heftig wehrte.

Mit letzter Not konnte der Jäger das Schwein noch erstechen, bevor ihn selbst das Schicksal ereilte.

Gerichtlich befand man überraschend in der II. Instanz, d.h. in der Berufungsverhandlung, und zwar nach Lektüre eines Kurzkommentars während der Verhandlung durch einen der beisitzenden Berufsrichter, daß in jedem Fall eine Lebenszeitverkürzung um ein Jahr festgestellt werden müßte, um den Versicherungsschutz zu gewähren.

Demgegenüber handelt es sich bei der Erwägung einer Lebenszeitverkürzung um ein Jahr um eine Hilfsüberlegung, die dann anzustellen ist, wenn anderweitig nicht eine wesentliche Mitursächlichkeit der beruflichen Bedingung feststellbar ist.

Obwohl das Landessozialgericht die Revision nicht zuließ, ging der Fall nach Nichtzulassungsbeschwerde in die Revision, wo das Bundessozialgericht klarstellte, daß bei den Todesfällen nicht in jedem Fall eine Lebenszeitverkürzung um ein Jahr gefordert werden dürfe, sondern, daß es sich dabei um eine Hilfsüberlegung handelt.

Die Sache wurde an das Landessozialgericht NRW zurückverwiesen und endete in einer mündlichen Verhandlung, bei welcher ein Terminsachverständiger, ein Kardiologe, geladen war.

Nach langwierigem hin und her gestand der Kardiologe schließlich ein, daß bei dem mißglückten Vorgang der Schweineschlachtung der elektrische Betriebshaushalt des Versicherten zusammengebrochen sei, weshalb der eingetretene Tod als Arbeitsunfallfolge angesehen wurde und zur Entschädigung der Witwe führte.

Das unglückliche Hilfsinstrument einer Überlegung, ob die Lebenszeit um ein Jahr verkürzt worden ist, führt nicht nur in diesem Fall zum Mißverständnis sondern auch in vielen anderen Fällen, so daß dann im Ergebnis eine Entschädigung daran scheitert, weil die Lebenszeitverkürzung um ein Jahr nicht feststellbar ist.

Also größte Vorsicht bei diesem Einwand, daß die Lebzeiten des Versicherten nicht um ein Jahr verkürzt worden wären.

Anmerkung:

Die ursprüngliche Berufungsverhandlung beim Landessozialgericht verlief in außerordentlich feindseliger Atmosphäre gegenüber der rechtsuchenden Partei, was im Berufungsverfahren keineswegs hinnehmbar ist, gleichwohl aber hin und wieder passiert.

Die Mandantschaft muß sich eben nicht nur der Berufsgenossenschaft erwehren, sondern ggf. auch der Sozialgerichtsbarkeit.

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Berufskrankheit – Lungen- oder Pleuraasbestose

Berufskrankheit Nr. 4104 (Lungenkrebserkrankung oder Kehlkopfkrebserkrankung) in Verbindung mit einer Lungen- oder Pleuraasbestose oder in Verbindung bzw. bei Vorliegen von sogenannten 25 Asbestfaserjahren;
hier:    Verstöße gegen § 200 Abs. 2 SGB VII bei einem pathologischen Zusatzgutachten von Prof. Müller, damaliger Chef des Mesotheliomregisters der Berufsgenossenschaften

Das Landssozialgericht Niedersachsen-Bremen hält dafür, daß es sich auch bei einem sogenannten pathologischen Zusatzgutachten um ein Gutachten im klassischen Sinn handelt, zumal kein „Haupt“- Gutachten in den Akten ist.

Da der Versicherte von seinem Rügerecht bereits zu Lebzeiten, bereits im Widerspruchsverfahren, Gebrauch gemacht habe, dürfte sich auch die Frage, ob es sich um ein höchstpersönliches Recht handelt, das im Wege der Sonderrechtsfallnachfolge nicht geltend gemacht werden kann, hier nicht stellen.

Da sich in den Akten weitere beratungsärztliche Stellungnahmen befänden sowie das Gutachten von Prof. Wittekind, Prof. Tannapfel, seinerzeit noch Leipzig, die sich auf das Gutachten von Prof. Müller beziehen, könnten diese über die Fernwirkung des Beweisverwertungsverbotes erfaßt werden, vgl. BSG-Urteil vom 05.02.2008 – B 2 U 8/07 R.

Unerheblich für ein Beweisverwertungsverbot dürfte sein, daß Prof. Müller aus Sicht der Beklagten als Spezialist gelte.

Das BSG habe in seiner Grundsatzentscheidung das Gewicht des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung betont und auf Artikel 6 Abs. 1 EMRK verwiesen, Europäische Menschenrechtskonvention.

Eine enge Auslegung des § 200 Abs. 2 SGB VII sei danach methodisch unzutreffend und in der Sache nicht begründet, denn die Wahrung von Grundrechten ist im Verhältnis zum Untersuchungsgrundsatz nicht die Ausnahme.

Man muß es sich also als Versicherter oder Rechtsnachfolger nicht gefallenlassen, daß unter Verletzung des Gutachterauswahlrechts gemäß § 200 Abs. 2 SGB VII Parteigutachten der Gegenseite eingeholt werden bzw. solche Gutachten, die den Berufsgneossenschaften zuzurechnen sind.

Vorsicht also bei Einschaltung des Mesotheliomregisters der Berufsgenossenschaften, ob seinerzeit Prof. Müller, oder heute Prof. Tannapfel zuständig sind.

Die Arbeitsanamnese interssiert in den entsprechenden Gutachten des Mesotheliomregisters nicht, bzw. bleibt dort inden Gutachten ausgeklammert.

So ist das Bild in jedem Fall unvollständig.

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