Berufskrankheit der Lendenwirbelsäule, Nr. 2108

Berufskrankheit der Lendenwirbelsäule, Nr. 2108;
hier:    Bandscheibenvorfälle der Krankenschwester in den Segmenten L4/L5 und 5/S1 mit Osteochondrosen und von Diarthrosen, Bandscheibenvorfall im Segment L1/L2 mit einer Chondrose sowie Bandscheibenvorwölbungen in den Segmenten L2/L3 und L3/L4 mit Spondylarthrosen

Zwar räumt die Berufsgenossenschaft ein, daß damit eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule nachgewiesen sei.

Gleichwohl soll dann aber die Lebensdosis von 9,18 MNh nicht ausreichen, wesentlich mitursächlich für diese Bandscheibenvorfälle geworden zu sein.

Damit blendet die Berufsgenossenschaft die schwere berufliche Belastung einer Krankenschwester aus der Zeit vom 01.10.1992 bis zum 12.09.2006 (letzter Arbeitstag vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit) gewissermaßen aus.

Statt dessen sollen Beweisregeln im Sinne der Konsensusempfehlungen den Ausschlag geben, welche ausweislich des angefochtenen Widerspruchsbescheides der Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften herausgegeben hat.

Mit der Erstellung von antizipierten Sachverständigengutachten bzw. Beweisregelwerken wird der Einzelfall damit aus dem Blick gerückt, weil die schwere Belastung des Rückens der Krankenschwester keine Rolle mehr spielt, wenn die entstandenen Bandscheibenvorfälle in Augenschein genommen werden.

Alle wesentlichen Entscheidungen trifft allerdings der Verordnungsgeber.

Dieser hat also das Zielorgan der Bandscheibenerkrankung der Lendenwirbelsäule festgelegt und auch die Belastungen in Form des schweren Hebens und Tragens und der Rumpfbeugehaltung.

Im Widerspruchsbescheid geht die Berufsgenossenschaft noch heute von einem MDD-Wert aus, 17 MNh, was die Frauen anbetrifft, während das Bundessozialgericht in neuerer Rechtsprechung bereits eine Absenkung des Richtwertes auf 12,5 MNh für Männer konzediert.

Die Berufsgenossenschaft lehnt aber nicht nur die Gewährung einer Verletztenrente ab, sondern sogar auch die sogenannten Übergangsleistungen, die geschuldet werden, wenn die gefährdenden Tätigkeiten aufgegeben werden.

Warum die aufgezeigten Bandscheibenvorfälle keine Kontraindikation sind für eine Fortsetzung der schweren Arbeit als Krankenschwester, erschließt sich nicht aus dem berufsgenossenschaftlichen Bescheid, allenfalls aus den Beweisregeln, welche die Konsensusempfehlungen enthalten.

Während die Wesentlichkeit einer beruflichen Mitursache sich nach der praktischen Lebenserfahrung bestimmt, sollen es andererseits wiederum genossenschaftliche Regelwerke richten, und zwar im gegenteiligen Sinne.

Im Streit befindet sich nun, ob die Konsensusempfehlungen etwa ein antizipiertes Gutachten darstellen, weil in diesem Fall sich dann das Bundessozialgericht gehindert sähe, hier einzugreifen.

Diesen Vorbehalt nimmt die Rechtsprechung offenbar in neuerer Zeit noch für sich in Anspruch, obwohl die Beweishoheit offenbar längst auf die Berufsgenossenschaft übergegangen ist, welche gewissermaßen nach Belieben die Berufskrankheiten bzw. deren Feststellung mit Beweisregeln umgibt.

Bei Lichte betrachtet ist die Berufskrankheit der hier betroffenen Krankenschwester beim besten Willen nicht zu übersehen, wenn man die wesentliche Mitursächlichkeit gelten läßt, was die berufliche Belastung anbetrifft, und zwar als Krankenschwester.

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Begutachtung der Berufskrankheit-Nr. 4101, Silikose

Kolloquium zur Begutachtung der Berufskrankheit-Nr. 4101, Silikose des Bergmannes;
hier:    Die Bochumer Empfehlung der Berufsgenossenschaften

Tagung 12.03.2010 im berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikum Bergmannsheil, Bochum

Anlaß für die Tagung war, daß die bislang bei geringgradig gestreuten Silikosen angewandte Begutachtungspraxis, die auf der sogenannten Moerser-Konvention beruhte, sich nicht mit der aktuellen medizinisch wissenschaftlichen Datenlage deckte.

Zwischen Beschwerdebild (einschl. der Einschränkungen der kardiopulmonalen Funktion) und Gasaustausch und den Befunden im Röntgenbild, insbesondere den einzelnen Streuungskategorien nach der ILO-Klassifikation, bestehen keine klaren, ausreichend belastbaren Korrelationen.

Deshalb will man nunmehr bereits ab einem Streuungsgrad 1/1 nach der ILO-Klassifikation (geringgradig gestreute Silikose) prüfen, ob Funktionseinschränkungen feststellbar und auf eine Quarzstaublungenerkrankung zurückzuführen sind.

Damit nun wurde die Moerser-Konvention zu Grabe getragen, die in den 70iger Jahren dazu führte, daß etwa mit 70 % berentete Staublungenfälle nach der damals platzgreifenden Moerser-Konvention nur noch mit 20 % MdE bedacht wurden.

Daß die schweren Fälle seinerzeit weniger wurden, was die Bergbau-Berufsgenossenschaft hervorhob, lag weniger an einer Besserung der Befindlichkeit der erkrankten Bergleute, sondern an einem Wechsel der Beurteilungspraxis im Sinne der damals platzgreifenden Moerser-Konvention.

Festzustellen ist also, daß die Entschädigungspraxis der Bergbau-Berufsgenossenschaft insbesondere zu kurz griff, weil man die sogenannte Moerser-Konvention anwandte, mit all den nachteiligen Folgen für die Bergleute.

Bis heute hat man noch nicht dazu gefunden, die Atemwegserkrankungen der Bergleute systematisch zu prüfen, und zwar nach den Anspruchsgrundlagen Nr. 4101, Silikose, Nr. 4301/4302, obstruktive Atemwegserkrankung, Nr. 4111, Bergarbeiteremphysem etc..

Insbesondere die obstruktiven Atemwegserkrankungen blieben in all den Jahrzehnten unbeachtet und wurden als silikoseunabhängig hingestellt.

Es sei kurz skizziert, welche Tagungsbeiträge bzw. Diskussionsbeiträge unserer Kanzlei am 12.03.2010 getätigt wurden.

Zunächst wurde angefragt bzw. geltend gemacht, daß bei Silikosen 1/0 trotz jahrzehntelanger Staubbelastung des Bergmannes unter Tage kein Gutachten seitens der Bergbau-Berufsgenossenschaft eingeholt wurde und wird.

Eine erste berufsgenossenschaftliche Erwiderung dazu lautete, bei einer Silikose 1/0 stünde die Berufskrankheit-Nr. 4101 noch nicht mit Gewißheit fest.

Auf die Frage des berufsgenossenschaftlichen Direktors, der diese Antwort gegeben hatte, an den Verfasser, ob er nicht mit dieser Antwort Recht habe, verneinte der Verfasser, und zwar mit Hinweis darauf, daß ein Strengbeweis nicht zu fordern sei.

In der am Ende der Tagung durchgeführten Diskussion griff die Tagungsleitung unseren Beitrag zur weiteren Diskussion auf.

Unsererseits wurde noch einmal der Fall des Bergmannes nach 30 Jahren Tätigkeit unter Tage aufgezeigt, der an Luftnot leidet, aber nur eine Silikose 1/0 aufweist, wobei die Silikose bzw. die silikotischen Veränderungen sehr wohl bereits wieder ausgewaschen sein können durch Umbauvorgänge im Körper.

Wir wiesen auf eine Doktorarbeit hin, und zwar zu den Ergebnissen von einem Tierversuch.

Methode:        Ratten wurde einmalig Quarzstaub appliziert.

Nach einer Beobachtungszeit von 3 bzw. 6 Monaten wurden Lungen- und
Lymphknoten für die histologische Beurteilung asserviert.

Ergebnisse:    Alle Versuchstiere wiesen fibrotische Veränderungen der Lungen- und der
Lymphknoten auf.

Warum denn dann nicht auch der Bergmann?

Für die Zurechnung der Luftnot des Bergmannes nach jahrzehntelanger Tätigkeit unter Tage wurde seitens unserer Kanzlei ein Beweisgrad aufgezeigt, welcher nach § 287 Abs. 1 ZPO analog zu gelten hat, § 202 SGG,

„ob ein Schaden vorhanden ist und wie hoch sich der Schaden beläuft, wird zunächst vom Gutachter unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung entschieden.“

Einen entsprechenden Eintrag in die Bochumer-Empfehlung dieser Vorgabe gemäß § 287 I ZPO analog wünschte sich der Verfasser ausdrücklich.

Bei der gegenwärtigen Praxis der Berufsgenossenschaften blieb nur der Antrag im Gerichtsverfahren nach § 109 SGG, selber einen Gutachter zu bezeichnen und damit eine Begutachtung zu veranlassen.

Scheitern mußte der Versuch des Vorsitzenden Richters, 2. Senat des LSG NRW, der in seinem Referat versuchte, die Folgen des Zigarettenrauchens abzugrenzen, obwohl dies in der medizinischen Praxis gar nicht möglich ist.

Sind aber die Folgen zweier Ursachenketten, hier Staubbelastung, Zigarettenrauchen, nicht realiter teilbar, gilt, worauf der Verfasser hinweisen mußte in der Diskussion, die sogenannte Kausalitätsnorm der gesetzlichen Unfallversicherung, die zu Gewohnheitsrecht erstarkt ist, in dem Sinne, daß wesentliche Mitursächlichkeit der beruflichen Bedingungen vollkommen ausreichend ist, hier der Quarzstaubbelastung.

Wenn dieser Richter bereits in einem Fall seiner Spruchpraxis die Spätfolgen der Silikose als ausschließliche Folge des Tabakkonsums hingestellt hat, dann ist diese Abgrenzung rein spekulativ und keineswegs real, weil hier zwei Ursachenketten, die berufliche, die private, in fataler Weise verknüpft sind und synergistisch wirken.

Wichtig war der Hinweis von Prof. Dr. Schultze-Werninghaus, im Falle dessen, daß später die festgestellte und anerkannte Silikose nicht mehr sichtbar ist, gleichwohl die Anerkennung der Berufskrankheit nicht zurückzunehmen.

Nach Auffassung unserer Kanzlei empfiehlt sich in jedem Fall, die Berufskrankheiten-Nrn. 4101, 4301/4302, 4111 in einer Gesamtschau zu prüfen und zu bescheiden, und zwar rechtsbehelfsfähig.

Dies sollte der geschädigte Bergmann ausdrücklich beantragen.

Interessant waren die Fallzahlen, die genannt wurden.

Offenbar verfallen 5.647 Fälle der Ablehnung, was die Silikose anbetrifft.

Hinsichtlich der Berufskrankheit 4111, Bergarbeiteremphysem, haben sich aufgrund der Verordnungserweiterung bzgl. des Stichtages 400 neue Anzeigen zählen lassen, was bedeutet, daß noch mehrere Tausend Bergarbeiteremphysemfälle der Berufskrankheit Nr. 4111 dem
Stichtagseinwand ausgesetzt sind, also nicht entschädigt wurden, obwohl es die Einzelfallvorschrift des § 551 Abs.2 RVO gibt, heute § 9 Abs. 2 SGB VII, wonach eine Berufskrankheit aus der Vorzeit einer Listenerweiterung als Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall zu entschädigen ist.

Insofern sind diese Fälle sowohl notleidend als auch noch offen aus dem Gesichtspunkt des
§ 551 Abs. 2 RVO.

Im Rahmen dieser Veranstaltung wurde bekannt, daß der Silikosebund Insolvenz angemeldet hat.

Insofern hat es den Anschein, bedenkt man die Entwicklung der letzten Jahrzehnte, daß sich nachgerade alles gegen den deutschen Bergmann verschworen zu haben scheint.

Die nicht erledigten Schadensfälle der Bergleute, die ihre Gesundheit beruflich verschlissen haben, sind gewissermaßen Legion.

Erwähnenswert sind noch die besonderen Fälle der Sandstrahler und Gußputzer, deren Exposition noch ein vielfaches ausmacht, was den normalen Bergmann anbetrifft.

Die arbeitstechnischen Voraussetzungen der obstruktiven Atemwegserkrankung bzw. das Asthma bronchiale liegen etwa in allergisierenden Wirkungen der Isocyanate bzw. Kleber unter Tage sowie den chemisch toxischen und chemisch irritativen Belastungen, ob es die Streckenausspühung oder anderes anbetrifft.

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Asbestfaserjahrzählung bei der Asbestose

Es trifft die Asbestosekranken gewissermaßen von hinten durch die Brust, wenn neuerdings die Berufsgenossenschaften Asbestfaserjahrzählungen vornehmen, um dann die Brückensymptome im Sinne der Pleura- und Lungenasbestose in Abrede zu stellen, weil angeblich die Faserjahre nicht hinreichen würden, die man feststellt.

So wird etwa bei einem Dachdecker versucht, auf 7 Asbestfaserjahre gewissermaßen zu drücken, obwohl der Sachverständige aus Gießen 60 Asbestfaserjahre gezählt hat, und zwar etwa in Kenntnis der Baustellenstudie Hessen.

Es handelt sich dabei um einen Asbestosefall Schweregrad 3, mit hoher Minderung der Erwerbsfähigkeit, was dem Rentensatz entsprechen würde.

Dafür, daß der Sachverständige aus Gießen 60 Asbestfaserjahre errechnet hat, soll dieser aus berufsgenossenschaftlicher Sicht nachgerade „bluten“, indem man berufsgenossenschaftlich verweigert, das Gutachten zu zahlen, falls der Sachverständige bei seiner Zählung von 60 Asbestfaserjahren verbleibe.

Die Einflußnahme der Berufsgenossenschaften auf das Ergebnis der Bewertung der arbeitstechnischen Voraussetzungen ist nicht nur in diesem Fall deutlich.

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Frage der Arbeitgeberhaftung

Anliegender Auszug aus einem Schreiben an einen Mitarbeiter der Presse sei wörtlich zitiert, weil die Themen Asbest und Geschädigte sowie die Frage der Arbeitgeberhaftung deutlich herausschauen.

Wir haben seinerzeit die Firma E. in Deutschland beim Arbeitsgericht in Anspruch genommen, weil ein Asbestlungenkrebsfall eines Mitarbeiters als schicksalhaft berufsgenossenschaftlich abgelehnt worden war.

Ergebnis dieser Arbeitgeberhaftungsklage war schließlich, daß sich die Berufsgenossenschaft bequemen mußte, den Fall anzuerkennen gegenüber Witwe und Waisen.

Ihr gegenwärtiges Interesse würde ich gerne auf die Familienangehörigen lenken, d.h. auf die Asbestmesotheliome aus der Nachbarschaft von Asbestfabriken, wo das Bundessozialgericht in einem unserer Fälle unter dem 13.10.1993 – 2 RU 53/92 – folgendes entschieden hat:

„Ist die Reinigung asbeststaubverschmutzter Arbeitskleidung des Ehemannes allein wesentlich dem eigenwirtschaftlichen Privatbereich zuzuordnen. Die Handlungstendenz hier diene nicht einem Unternehmen, sondern den Interessen des gemeinsamen Haushaltes.“

Demgegenüber war die Ehefrau des betreffenden Falles sehr wohl versichert, und zwar nach der Reichsversicherungsordnung bzw. nach dem Sozialgesetzbuch VII, also nach § 539 Abs. 2 RVO „wie ein Versicherter“ bzw. nach § 2 Abs. 2 SGB VII, wo es gleich lautet.

Das Deutsche Bundessozialgericht läßt sich angelegen sein unter dem Einfluß der Berufsgenossenschaften, die Rechtsvorschriften so weit zurückzunehmen, daß man diese nicht mehr wiedererkennt, wie Sie an diesem Beispiel ermessen mögen.

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Gesetzliche Vermutung

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Gesetzliche Vermutung des § 9 Abs. 3 SGB VII, daß der Berufskrankheitenlistenstoff ursächlich für die Berufskrankheit geworden ist, etwa Asbest

Diese Einführung einer gesetzlichen Vermutung in § 9 Abs. 3 SGB VII wurde offenbar ausgelöst durch einen Aufsatz seinerzeit des Verfassers also unserer Anwaltskanzlei, zum Thema: Strengbeweis zu Lasten der gewerblichen Arbeiter, aber Umkehr der Beweislast zu Gunsten des Beamten im Berufskrankheitsfall, sinngemäß.

Zwar ist die Einführung der gesetzlichen Vermutung zu begrüßen, allerdings findet diese gesetzliche Vermutung wenig Resonanz in der berufsgenossenschaftlichen Entschädigungspraxis der Berufskrankheiten.

Der Wortlaut der gesetzlichen Vermutung ist wie folgt:

„Erkranken Versicherte, die in Folge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese in Folge der Versichertentätigkeit verursacht worden ist.“

Diese gesetzliche Vermutung kam etwa einer Ärztin zugute, die sich beruflich an Aids infizierte, Berufskrankheit Nr. 3101 der Berufskrankheitenliste, wo also die Berufsgenossenschaft eine anderweitige Verursachung nicht dartun konnte.

Bei den Asbestosen der Asbestwerker allerdings findet das Gegenteil statt, indem statt der gesetzlichen Vermutung bzw. statt diese anzuwenden, auf eine idiopatisch verursachte Lungenfibrose abgehoben wird.

Ohne jeden Nachweis der anderweitigen Verursachung wird die Asbestbelastung etwa des Dachdeckers beim Schneiden von Asbestzement außer acht gelassen, wenn man berufsgenossenschaftlich die Lungenfibrose Grad III einer schicksalhaften Entstehung zurechnet.

Eine Asbestose des Grades III dürfte eine hohe MdE verursachen.

Es wird dem Betroffenen im Asbestbereich nicht eben selten die Verletztenrente vorenthalten und später den Hinterbliebenen die Witwen- und Waisenrenten.

Die idiopatische Lungenfibrose hat sehr zu unrecht als die große Unbekannte andere Ursache den Asbestosen gewissermaßen den Rang abgelaufen, die nicht mehr erkannt werden, obwohl die Betroffenen Jahrzehnte mit Asbest Umgang hatten beruflich.

Deshalb sei nachdrücklich die gesetzliche Vermutung wie oben bezeichnet in Erinnerung gerufen, um etwa dem Wirken des berufsgenossenschaftlichen Mesotheliom-Registers in der Entwicklung idiopatischer Asbestosen entgegenzuwirken.

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Unterschieben gewissermaßen eines berufsgenossenschaftlichen Gutachtens

Unterschieben gewissermaßen eines berufsgenossenschaftlichen Gutachtens unter das zuvor eingeholte Gutachten eines auswärtigen Gutachters

In einer Meniskus-Berufskrankheitssache, BK Nr. 2102, fällt auf, daß das positive Gutachten nicht ausgeführt werden soll, welches unter Angebot eines Gutachterauswahlrechtes von der Berufsgenossenschaft eingeholt wurde.

Statt dessen bemüht man einen Beratenden Arzt, Dr. D.

Dieser war zuvor Angehöriger der Sachverständigenstelle der Bau-Berufsgenossenschaft Wuppertal.

Dieser Gutachter kam naturgemäß zum gegenteiligen Ergebnis.

Die Berufsgenossenschaft bestreitet bei der Rüge des § 200 Abs. 2 SGB VII, Verletzung des Gutachterauswahlrechtes, daß das neue Gutachten überhaupt ein Gutachten wäre, weil dieses mit Stellungnahme überschrieben ist.

Ansonsten erfüllt allerdings diese Stellungnahme alle Kriterien eines Gutachtens, und zwar in Form eines Obergutachtens.

Der Beratende Arzt der Berufsgenossenschaft ist sich nicht zu schade, sich zum Obergutachter aufzuschwingen, obwohl eine gewisse Bescheidenheit angezeigt wäre.

Am Ende im Gerichtsverfahren ist dann nicht mehr erkennbar, wo die Beweishoheit liegt, beim Sozialgericht oder bei der Berufsgenossenschaft, deren Beratende Ärzte das Verfahren im Feststellungsverfahren und im Gerichtsverfahren weitgehend bestimmen.

Der Erkrankte wiederum muß nunmehr zuwarten, bis der Streit um die Entfernung der Stellungnahme des Beratenden Arztes beendet ist, und zwar rechtskräftig.

Eine Verbindung der Verfahren in der Sache und der Verfahren bezüglich Entfernung aus der Akte ist offenbar nicht angedacht in der Sozialgerichtsbarkeit, was wenig prozeßökonomisch ist.

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Fusionen der Berufsgenossenschaften

Gefahren für die Mitgliedsunternehmen aus den Fusionen der Berufsgenossenschaften etwa Edelmetallberufsgenossenschaft und Süddeutsche Metallberufsgenossenschaft;

hier: Wegfall der Tarifstellen für den kaufmännischen Teil der Unternehmen im Büro und für die Sozial- und Sicherheitseinrichtungen im Gefahrtarif

Die Berufsgenossenschaft Metall Nord Süd hat ihren Gefahrtarif 2006 wie folgt begründet:

„Nach der Fusion von EMBG und SMBG zur Berufsgenossenschaft Metall Süd am 01.05.2005 hat die Vertreterversammlung einen neuen Gefahrtarif beschlossen. Dieser umfaßt alle Gewerbezweige aus den Mitgliederverzeichnissen beider Berufsgenossenschaften.

Die Tarifstellen wurden wie bisher nach Gewerbezweigen geordnet. Die Belastungswerte ergeben sich aus den von den Betrieben gemeldeten Lohnsummen und den Entschädigungslasten der Jahre 2001 bis 2004.

Der Gefahrtarif der BGMS enthält aber eine grundlegende Änderung:

Die Tarifstellen für den kaufmännischen Teil der Unternehmen im Büro und für die Sozial- und Sicherheitseinrichtungen sind entfallen.“

Die fatale Folge ist nun für die Mitgliedsunternehmen, daß im Bereich des Verkaufs und des verwaltenden Teils des Unternehmens nunmehr die Beiträge bis zum fünffachen ansteigen.

Diesseitiger Auffassung nach wird dies nicht durch die Ermäßigung der gewerblichen Gefahrklasse aufgefangen.

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Berufskrankheit der Lendenwirbelsäule eines Maurers

Berufskrankheit der Lendenwirbelsäule eines Maurers mit Bandscheibenvorfällen, die operiert werden mußten, bei einer Lebensbelastungsdosis nach dem MDD-Modell von 31,59 MNh

Nachdem der Unterzeichner die Akteneinsicht genommen hatte, war die Folge ein geharnischter Brief an die Berufsgenossenschaft, weil es unmöglich sein konnte, hier eine Berufskrankheit Nr. 2108 ablehnen zu können.

Allerdings kam dann der erste Einwand seinerzeit:

„Bis zur ersten Bandscheibenoperation ergab sich eine Teilbelastungsdosis von 12,23 MNh.“

Als ob dies ein Ablehnungsgrund sein könnte, weil hier schweres Heben und Tragen und Arbeiten in Rumpfbeugung unzweifelhaft vorlagen.

Zwei Bände BG-Akten wurden kopiert, weil sie einen Musterfall einer Ablehnung darstellten, die nicht hinnehmbar war.

Am 23.03.2010 beim Sozialgericht Düsseldorf war es schließlich soweit.

Die Berufsgenossenschaft verpflichtete sich, eine Berufskrankheit Nr. 2108 anzuerkennen und mit einer Verletztenrente von 20 % zu entschädigen.

Außerdem verpflichtete sich die Berufsgenossenschaft, Übergangsleistungen für fünf Jahre ab Aufgabe der gefährdenden Tätigkeiten zu zahlen, dem Grunde nach.

Ein noch offener Punkt wird weiter abgeklärt, ob nämlich die festgestellte ausgeprägte Fußheber- und Großzehenheberschwäche links ebenfalls Folge der Berufskrankheit Nr. 2108 ist.

Dies hätte dann zur Folge, daß die MdE von 20 % angehoben werden müßte.

Der Ausführungsbescheid steht also noch aus.

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Überprüfungsantrag wegen eines Wegeunfalls

Überprüfungsantrag wegen berufsgenossenschaftlicher Ablehnung eines entschädigungspflichtigen Wegeunfalls;
hier: Blutalkoholkonzentration des Versicherten zum Unfallzeitpunkt 1,19 Promille

Die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten strafte durch Abbruch des Heilverfahrens und Ablehnung der Entschädigung den selbstständigen versicherten Gastwirt ab, und zwar unter strafrechtlicher Argumentation, daß der Versicherte beim Eintritt des Unfalls mit dem Motorroller absolut fahruntüchtig gewesen ist.

Damit in unüberbrückbarem Widerspruch steht die gesetzliche Vorgabe des § 7 SGB VII:

Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten.

Verbotswidriges handeln schließt einen Versicherungsfall nicht aus.“

Wie kommt also die Berufsgenossenschaft dazu, hier strafrechtlich abzuurteilen einen Fall, den diese Berufsgenossenschaft wiederum sozialrechtlich zu entschädigen hat.

Die Berufsgenossenschaft wendet im Ablehnungsbescheid bzgl. des Zugunstenbescheides ein, daß kein neuer Vortrag im Überprüfungsantrag erkennbar sei.

Damit wiederum wird das Recht des Betroffenen nach § 44 SGB X verkürzt, Überprüfung zu beantragen.

Es wird auf BSG – B 2 U 24/05 R – Bezug genommen, wo es heißt:

„Im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X haben Verwaltung und Gerichte auch ohne neues Vorbringen des Antragstellers zu prüfen, ob bei Erlaß des bindend gewordenen Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt wurde.“

Daran fehlt es vorliegend nun deutlich im neuen Bescheid.

Wichtig ist überdies das Zitat des Leitsatzes 2 der genannten BSG-Entscheidung, wo es heißt:

„Solange ein bei der Arbeit unter Alkoholeinfluß stehender Versicherter mit der zum Unfall führenden Verrichtung ausschließlich betriebliche Zwecke verfolgt, kann der sachliche Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit nur verneint werden, wenn der Betreffende so alkoholisiert war, daß er nicht mehr zu einer dem Unternehmen dienenden zweckgerichtete Ausübung seiner Tätigkeit in der Lage war.“

Auch von daher war der Widerspruchsführer noch in der Lage, zweckgerichtet den Heimweg fortzusetzen, als dann der schwere Wegeunfall passierte.

Die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten schuldet also die Anerkennung in diesem Fall.

Tatsache aber ist, daß die Sozialgerichte die Berufsgenossenschaften darin bestätigen, wenn diese den Sozialrechtsfall strafrechtlich abstrafen gewissermaßen, statt das Sozialrecht wie zitiert anzuwenden.

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Anhörung eines bestimmten Arztes

Anhörung eines bestimmten Arztes im deutschen Sozialgerichtsprozess;
hier:    Grundsatz – Ausnahmeverhältnis gemäß § 109 SGG zur Schaffung von „Waffengleichheit“

Im Sozialgerichtsprozess, in welchem nun zunächst die Versicherungsträger selbst die Gutachtenaufträge vergeben, jedenfalls was das Feststellungsverfahren anbetrifft, hat der Gesetzgeber seinerzeit folgende Vorschrift des § 109 SGG festgelegt:

„§109 Abs. 1, Satz 1 SGG Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muss ein bestimmter Arzt gutachterlich gehört werden.“

Soweit also Satz 1 von Absatz 1 des § 109 SGG, wo also der Grundsatz statuiert ist, daß ein Gutachten ohne Kostenvorschuß erhoben werden soll nach § 109 SGG, und zwar vom Sozialgericht.

Es handelt sich also um ein gerichtliches Gutachten, auch wenn der Kläger, das heißt der betroffene Rechtsuchende den Arzt namentlich bestimmen kann.

In Satz 2 im zitierten Abs. 1 lautet es dann wie folgt:

„Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts entgültig trägt.“

Wir leiten daraus ab, aus der Konstellation dieser Vorschrift, daß im Grundsatz das Recht des Klägers darauf besteht, ein Gutachten nach § 109 SGG ohne Erbringung eines Kostenvorschusses erwirken zu können.

Die Ausnahme ist dann nach unserer Auffassung, gesetzlich gesehen, daß das Sozialgericht oder Landessozialgericht die Einholung eines derartigen Gutachtens von einem Kostenvorschuß abhängig machen kann.

Dem gegenüber erhebt die Sozialgerichtsbarkeit nahezu in jedem Fall einen Kostenvorschuss, will der Betroffene einen Gutachter nach § 109 SGG bezeichnen.

Eine Ermessensausübung, die im Abs. 2 vorgesehen ist, findet in keinem Fall statt.

Während man gerichtlich im Ermessensfall den Behörden weitgehende Vorschriften macht, wird bei Ausübung eigenen Ermessens durch das Gericht kein Ermessenskriterium beachtet und keine Ermessensausübung getätigt.

Es fragt sich, warum die Rechtsschutzversicherungen dies zu hinnehmen, das hier ein Regelausnahmeverhältnis derart ins Gegenteil verkehrt wird, mit der Folge, daß die Rechtschutzversicherer in jedem Fall eines 109-Gutachtens dann kostenpflichtig werden.

Nachdem wir unter dem 18.02.2010 in dem Rechtsstreit L 4 U 197/09 LSG NRW beantragt hatten:
Als Sachverständiger nach § 106 SGG, hilfsweise nach § 109 SGG, dies aber ohne die Auferlegung eines Kostenvorschusses, wird bezeichnet Prof. Dr. med. W., und zwar in einem Fall, in welchem ein Berufskrebs im Sinne der Berufskrankheit 4104 insbesondere streitig ist, wurde gerichtsseitig ohne weitere Begründung folgendes verfügt:
„Die Einholung eines Gutachtens § 109 des Sozialgerichtsgesetzes wird davon abhängig gemacht, daß die Klägerin einen Betrag von 2.200,00 Euro vorschießt.“

Nicht einmal die Frage wurde vom Gericht erhoben, ob denn die Witwe über eine Rechtsschutzversicherung verfügt, die gegebenenfalls eintreten möge.

In der Praxis bleibt die Regel, das ohne Ausübung von Ermessen gerichtsseitig auf jeden Fall ein Vorschuss erhoben wird im Falle des § 109 SGG.

Auf eine Diskussion läßt sich ein Landessozialgericht hier nicht ein.

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