Schleimhautveränderungen, Krebs oder andere Neubildungen der Harnblase durch aromatische Amine

Berufskrankheitenverordnung „Schleimhautveränderungen, Krebs oder andere Neubildungen der Harnblase durch aromatische Amine“

Immer wiederkehrende Blutungen und zunehmende Blasenstörungen weisen auf eine Neubildung in der Blasenschleimhaut hin, die sowohl gutartig, papillomatös als auch bösartig, knotig oder infiltrierend sein kann. Die Umwandlung gutartiger Geschwülste in bösartige kommt vor.

Krebs der Harnwege kann sich auch ohne stärkere vorausgehende Symptome entwickeln.

In der Praxis kommt immer wieder die Rückfrage vor, berufsgenossenschaftlich oder durch den beratenden Arzt der Berufsgenossenschaft, ob denn der erkrankte Versicherte nicht auch geraucht habe.

Wenn der Betroffene geraucht hat, soll offenbar ein Ausschluss der Versicherungspflicht der Berufsgenossenschaft gelten.

Interessant in diesem Zusammenhang ist die Frage, ob denn an den Nachbararbeitsplätzen geraucht wurde im Falle eines Versicherten, der Nieraucher war.

Dann kann sehr wohl die Berufskrankheit 1301 greifen, in dem Sinne, dass es sich um einen Fall der Berufskrankheitenverordnung handelt, wie zitiert, „Schleimhautveränderungen, Krebs oder andere Neubildungen der Harnblase durch aromatische Amine“.

Diese Alternative der Ermittlung der Berufskrankheit Nr. 1301 erscheint als offen.

Aber nicht weniger bedeutsam.

Rolf Battenstein

Fachanwalt für Sozialrecht

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Entschädigungspraxis der Berufsgenossenschaften

Doppelter Verstoß gegen § 200 Abs. 2 SGB VII
Wenn Technischer Aufsichtsbeamter das arbeitstechnische Gutachten macht und der Beratende Arzt das Zusammenhangsvotum abgibt im Fall des Non Hodgkin-Lymphoms, Berufskrankheit Nr. 1303/1318

Die Methode in der Entschädigungspraxis der Berufsgenossenschaften ist anfechtbar.

Vorliegend war der Betroffene einer jahrzehntelangen Belastung durch Benzol ausgesetzt, an seinem Arbeitsplatz als Labormitarbeiter und zuvor überdies als Maler und Anstreicher.

Seit dem 09.03.2009 ist der Versicherte arbeitsunfähig, was den Verletztengeldanspruch zunächst auslöst.

Nach der Aussteuerung dürfte eine Verletztenrente berufsgenossenschaftlich zu gewähren sein.

Bisher sind 5,66 ppm-Jahre ermittelt.

Ein unabhängiges arbeitstechnisches Gutachten kann einen ganz anderen Wert ergeben.

Denn dann braucht der Gutachter nicht die Frage zu beantworten, ob der eigene Fehler in der Berufskrankheitsverhütung nun berufsgenossenschaftlich zu entschädigen ist.

Schließlich ist ein unabhängiger Sachverständiger nicht in dem Interessenkonflikt eines Technischen Aufsichtsbeamten der Berufsgenossenschaft befangen, nunmehr entschädigen zu sollen, was der eigene Technische Aufsichtsdienst nicht verhütet hat.

Man kann es also dem Technischen Aufsichtsbeamten nicht überlassen zu urteilen, ob die fehlgeschlagene Berufskrankheitsverhütung des Technischen Aufsichtsdienstes nunmehr entschädigungspflichtig ist.

Welches Ergebnis will man denn da erwarten?

Noch darf man dem Beratenden Arzt das Zusammenhangsvotum überlassen in der Kurzform, wobei der Beratende Arzt dann eine Zusammenhangsbeurteilung gutachtlich nicht für erforderlich hält.

Von sechs Labormitarbeitern, die seit 1970 im Labor 1 tätig waren, sind zwischenzeitlich drei an Krebs erkrankt, zwei am Non Hodgkin-Lymphom.

Unverzichtbar erscheint auch, wegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen, sofern die Mitursächlichkeit bestritten wird, die Betriebsakte beizuziehen, welche der Technische Aufsichtsdienst der Berufsgenossenschaft über das betreffende Mitgliedsunternehmen führt.

Die Benzolbelastung des Versicherten setzte mit dem 01.04.1962 ein, Berufsausbildung als Maler und Anstreicher.

Die Labortätigkeit bestand ab Januar 1968.

Bis 1985 waren die Bitumenprodukte lösemittelhaltig.

Fälle dieser Art enden zumeist im Rechtsstreit, wobei die Anforderungen derart hochgeschraubt wurden in der Vergangenheit, daß etwa der 17. Senat LSG NRW den Nachweis von 200 bis 400 ppm-Jahren forderte.

Die Experten sehen dies anders.

Bereits wenige ppm-Jahre können wesentlich mitursächlich werden, und zwar im Rahmen der Kausalitätsnorm der gesetzlichen Unfallversicherung, die zu beachten ist, in dem Sinne, daß wesentliche Mitursächlichkeit vollkommen ausreichend ist.

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht

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Tierversuch und Menschenversuch im deutschen Berufskrankheitenrecht

Tierversuch und Menschenversuch im deutschen Berufskrankheitenrecht
Der Onkologe und Krebsforscher Prof. F. Pott von der Universität Düsseldorf konnte im Tierversuch die Bildung von Mesotheliomerkrankungen nachweisen, die durch Asbest verursacht werden.

Bei den Pleuramesotheliomen ergab dies aber auch schlagend dann der „Menschenversuch“, indem Versicherte – Männer oder Frauen – über Jahrzehnte bis in die Gegenwart hinein ungeschützt der Asbestbelastung beruflicher Art ausgesetzt waren oder dadurch, daß die Arbeiter, etwa die Asbestisolierer, ihre asbestkontaminierte Arbeitskleidung mit nach Hause nahmen, wo die Hausfrauen diese ausbürsteten, und zwar im Beisein der Kinder.

So konnten also, wie der „Menschenversuch“ erweist, auch die Hausfrauen an einem Pleuramesotheliom erkranken und ebenso die Kinder von Asbestwerkern.

Die Schädigung der sog. Bystander wäre kein berufsgenossenschaftliches Problem, wollen die Berufsgenossenschaften Glauben machen.

Man nehme nur einmal die Karte der Umgebungsmesotheliome in Hamburg-Bergedorf zur Hand, um zu ergründen, was hier passiert ist.

Selbstverständlich sind auch Schadensfälle, die „wie ein Versicherter“ erlitten werden, berufsgenossenschaftlich entschädigungspflichtig, § 2 Abs. 2 SGB VII, vormals § 539 Abs. 2 RVO.

Aber zurück zum Tierversuch, wenn nunmehr Ratten Quarzstaub appliziert wird und diese dann den Krebs entwickeln, wie eine Doktorarbeit ausweist.

Natürlich erhält die Ratte keine Entschädigung, aber auch nicht derjenige Versicherte, der im vergleichbaren Fall einen Lungenkrebs erleidet, ausgenommen die Fälle des Schwielenkarzinoms 4101 oder Fall BK 4112.

Dies ist schon bitter.

Denn es gilt die Kausalitätsnorm der gesetzlichen Unfallversicherung, in dem Sinne, daß wesentliche Mitursächlichkeit der beruflichen Bedingung vollkommen ausreichend ist.

Auf BSG in NJW 1964, 2222 wird Bezug genommen, wo die Rede ist von eben dieser Kausalitätsnorm und der Hinweis gegeben wird, daß selbst verhältnismäßig niedriger zu wertende Bedingungen beruflicher Art sehr wohl wesentlich sein können.

Im Bereich der Berufskrankheitenliste interessiert dies weniger, weil hier nicht kausal gedacht wird, sondern nach Liste.

Wird die Erweiterung der Liste sozialpolitisch verhindert, geht der Geschädigte leer aus.

Die Anforderungen einer Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall, die bis zur Verordnungsreife gediehen sein muß, um Anerkennung zu finden, kann der Normalsterbliche nicht erfüllen.

Dabei handelt es sich um den höchsten Beweisgrad, der bekannt ist, nämlich die Verordnungsreife im Sinne der Berufskrankheitenverordnung.

So werden nicht einmal bei einem Marmorschleifer, der dies über die Jahrzehnte getan hat, trotz ärztlicher Zusammenhangsdiagnose neue Erkenntnisse dahingehend anerkannt, daß dieser Betroffene seine COPD, d.h. sein obstruktives Asthmabronchiale, durch die schlimme Berufsarbeit erlitten hat mit der Folge schwerer Atemnot.

Die Leistung, welche die Berufsgenossenschaft bei Anerkennung schulden würde, könnte die Verletztenvollrente sein und ein Pflegegeld sowie die Heilbehandlung.

Erinnert sei an das Referat des amerikanischen Pathologen Prof. Suzuki vom Mount Sinaihospital in New York, welches in Bochum gehalten wurde, wo der Sachverständige berichtete, Asbest in Ratten injiziert zu haben, mit der unbestreitbaren Folge, daß die Asbestfasern auf alle Organe einwirkten bzw. diese erreichten.

Demgegenüber ist bei den Asbesterkrankungen der Entschädigungsansatz für den Menschen partiell ausgelegt, mag es sich um die Lunge oder Pleura handeln.

Eine Erkrankung des Blutes wiederum wird nicht als Asbestfolge anerkannt.

Hier käme die Berufskrankheit Nr. 1303 ins Spiel, die Benzolerkrankung.

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