Minimalasbestose

Minimalasbestose in Höhe von 10 bis maximal 40 Asbestkörpern pro Kubikzentimeter Lungengewebe in Deutschland, neun Jahre nach Beendigung der Asbestexposition

In einem Urteil des Sozialgerichts Hamburg – S 36 U 213/05 – findet sich folgende Fehlleistung:

„Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist die Diagnose Minimalasbestose an den staubanalytischen Nachweis von ca. 1000 eiweißumhüllten Asbestkörperchen pro Kubikzentimeter fibrösen Lungengewebes gebunden.“

Ein solcher Nachweis hätte bei der erwähnten Menge von max. 40 Asbestkörperchen pro Kubikzentimeter Lungengewebe nicht erbracht werden können.

Im selben Monat des Urteils des Sozialgerichts Hamburg fanden die Falkensteiner Tage im Vogtland statt, wo ausdrücklich der berufsgenossenschaftlichen Forderung von 1000 eiweißumhüllten Asbestkörperchen als Voraussetzung einer Minimalasbestose eine Absage erteilt wurde.

Der Grund liegt darin, daß in Deutschland zu 94 % Weißasbest verarbeitet wurde, verbunden mit dem wissenschaftlich festgestellten Phänomen, daß diese Belastung später in der Lunge nicht mehr auffindbar ist, Fahrerfluchtphänomen.

Wie man sieht, wirkt das Monopol des berufsgenossenschaftlichen Mesotheliomregisters besonders in den Asbestlungenkrebsfällen mit der fatalen Folge, daß die Anerkennung von Asbestlungenkrebsfällen an der Forderung des Nachweises von Asbestkörperchen scheitert, ob nun seinerzeit durch Prof. Müller oder heute durch Prof. Tannapfel.

Bei 40 Asbestkörperchen pro Kubikzentimeter Lungengewebe ist überdies eine erhöhte Asbestbelastung erwiesen.

Für die Witwe im Falle des Urteils des Sozialgerichts Hamburg ist es fatal, daß hier Rechtsprechung fortwirkt, die sich offenkundig als unrichtig erweist.

Abgesehen davon fanden sich nach berufsgenossenschaftlicher Berechnung, die zwar zu kurz greift, immerhin 15 Asbestfaserjahre, was die Annahme einer Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall nahelegt.

Denn nach neuerer arbeitsmedizinischer Auffassung gilt folgendes etwa, Rechtsstreit – L 3 U 227/06 – Hess. LSG, Gutachten Prof. Dr. W.:

„Aus arbeits- und sozialmedizinischer Sicht stellt selbst eine Bk-rechtlich versicherte Teilursache von ggf. 12,3 Asbestfaserjahren insoweit keine Gelegenheitsursache, sondern eine wesentlich, nämlich annähernd multiplikativ mitwirkende Teilursache dar.“

Hier müssen Berufsgenossenschaften und Sozialgerichtsbarkeit umdenken, um nicht weiterhin der indizierten Entschädigung einschlägiger Fälle von Asbestkrebs im Wege zu stehen.

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Gerichtliches Aktenzeichen

Reicht es aus, wenn im Berufungsverfahren das Aktenzeichen vom Gericht vergeben wird, d.h. hier vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, welches dann nur abgeändert wird, ohne daß das Gericht in eine Sachbearbeitung einsteigt und statt dessen nur Ausschlußfristen setzt, gem. § 106 a SGG und gem. § 109 SGG.

In dem Rechtsstreit L 4 (15) U 197/09 geht das Berufungsgericht den Beweisanträgen nicht nach, obwohl das Gutachten des Mesotheliomregisters, einer berufsgenossenschaftlichen Einrichtung unter Verletzung von § 200 Abs. 2 SGB VII berufsgenossenschaftlich eingeholt worden war.

Im Streit steht, ob die berufliche Asbestbelastung den Lungenkrebs des Versicherten hervorgerufen hat, wobei die Asbestbelastung über lange Jahre währte.

Der Befund der Lungenstaubanalyse von 20 bis 30 Asbestkörpern pro Kubikzentimeter Lungengewebe soll angeblich nicht ausreichend sein.

Im Berufungsverfahren verteidigt das Berufungsgericht gewissermaßen die Parteiergebnisse, nämlich das Expositionsgutachten des eigenen Technischen Aufsichtsbeamten der Berufsgenossenschaft sowie das Gutachten des Mesotheliomregisters von Prof. Tannapfel, ohne etwa die Betriebsakten beizuziehen, welche der Technische Aufsichtsdienst über das Mitgliedsunternehmen führt, wo der Versicherte lange Jahre asbestbelastet war.

Bei den arbeitsmedizinischen Untersuchungen war der Versicherte wegen Flecken auf der Lunge auffällig geworden.

Der Versicherte selbst schrieb an die Berufsgenossenschaft, daß er 22 Jahre im staubgefährdeten Betrieb tätig gewesen war.

Daß man seine Lungenasbestose bestreitet, erscheint der geschädigten Familie nicht mehr als nachvollziehbar.

Daß eine Bystanderexposition etwa nur mit 1/10 berechnet wird, geht deutlich an dem Charakter einer Asbestexposition und am Charakter der Asbestschwebestäube vorbei.

In erster Instanz war das Sozialgericht Gelsenkirchen S 13 U 161/08 der Auffassung, daß die Bewertungen der Berufsgenossenschaft als eher großzügig zu bewerten seien, obwohl die massiven Belastungen in der berufsgenossenschaftlichen Ermittlung nicht eben selten massiv bagatellisiert werden.

Artikel 6 der Menschenrechtskonvention sieht ein faires Gerichtsverfahren vor, auch also im Sozialgerichtsprozeß.

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