Unterlassene Bescheide (offene Bescheide)

Unterlassene Bescheide (und damit noch offene Bescheide) zur Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall, wenn die Berufsgenossenschaft aus Stichtagsgründen eine neue Listenberufskrankheit verneint.

Im Fall des SG Aachen S 1 U 237/13 machen sich Gericht und Berufsgenossenschaft nicht klar, dass das Verfahren nach § 551 Abs. 2 RVO zur Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall heute § 9 Abs. 2 SBG VII noch immer offen ist, bei dieser Konstellation wie bezeichnet.

Mag die Listenberufskrankheit aus Stichtagsgründen unberechtigt sein bzw. unbegründet, so ist es dieser Fall aber dann nicht, wenn die Voraussetzungen der Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall greifen für den Fall aus Zeiten vor dem Stichtag.

Die Tatsache der Erweiterung der Liste um die Berufskrankheit der Lendenwirbelsäule erweist die neuen Erkenntnissse, deren Bescheidung aus angeblichen Stichtagsgründen unterbleibt in solchen Fällen.

Dies erleben wir nicht nur in den Fällen der beruflichen Lendenwirbelsäulenerkrankung, sondern auch beim Bergarbeiteremphysem, dass nämlich die Listen-Nr. dahin beschieden wird, es handele sich um einen Fall vor dem Stichtag und unterlassen wird, die überfällige Entscheidung zur Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall zu treffen.

Hier sind nicht gezählte Verfahren noch offen, wo die nicht beschiedene Frage der Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall noch aussteht und die Leistungen unterdessen also nicht verjähren können.

Es handelt sich aber nicht nur um die beruflichen Lendenwirbelsäulenerkrankungsfälle, sondern auch um das Bergarbeiteremphysem etwa, wo das Gleiche passiert ist, dass nämlich die Listenberufskrankheit abgelehnt wurde aus Stichtagsgründen, ohne dass dann die Entscheidung zur Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall getroffen wurde, die ansonsten mit einem Widerspruch hätte angegangen werden können.

Auch bei der Asbestlungenkrebserkrankung Nr. 4104 Merkmal 25 Asbestfaserjahre passierte das Gleiche.

Aus Stichtagsgründen wurden die Pionierfälle abgelehnt, und zwar unter dem Aspekt der Liste, ohne dass erkannt wurde, dass die neuen Erkenntnisse zuvor bzw. zum Zeitpunkt der Entscheidung zu beachten waren im Verfahren zur Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall, § 551 Abs. 2 RVO bzw. § 9 Abs. 2 SGB VII.

 

Rechtsanwalt Rolf Battenstein

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