Corona-Virus – Prävention und Entschädigung

Das Corona-Virus

Prävention und Entschädigung von gesundheitlichen Berufsrisiken

Prävention:

Bei der Frage nach der Prävention gegenüber Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war scheint die in erster Linie zuständige Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege gewissermaßen abgetaucht zu sein.

In den sozialen Medien tritt offenbar kein ausgewiesener berufsgenossenschaftlicher Experte auf, um den Weg der Prävention und der Entschädigung, bis zu 550 Mrd. Euro sollen es werden, zu weisen.

Um es deutlich und bewusst zu machen, Anspruchsgrundlage für versicherte Angestellte im Gesundheitsdienst ist die Berufskrankheitenlisten-Nr. 3101.

Muss also der versicherte Pfleger im Gesundheitsdienst die gefährdende Tätigkeit einstellen, weil er sich am Corona-Virus infiziert hat, ist die Berufsgenossenschaft zur Entschädigung verpflichtet in Form des Verletztengeldes und der Übergangsleistungen für 5 Jahre ab Aufgabe der gefährdenden Tätigkeiten.

Das Verletztengeld sprich Krankengeld ist auf 78 Wochen begrenzt.

Im Anschluss daran ist die Verletztenrente zu gewähren, wenn eine rentenberechtigende MdE verbleibt von 20% und mehr.

2/3 des Bruttojahresarbeitsverdienstes sind die Vollrente, wenn der Versicherte erwerbsunfähig wird.

Im Kernbereich der Behandlung einer Corona-Virusinfektion ist also das Krankenhauspflegepersonal höchst gefährdet gegenüber Infektionen an einem Corona-Virus.

Was in Zukunft auch eine Bedeutung spielen wird, ist die Anspruchsgrundlage des Arbeitsunfalls.

Denn die Berufskrankheit Nr. 3101 Infektionskrankheit kann auch arbeitsunfallartig entstehen durch einmaligen Kontakt wie die Bevölkerung entsetzt erfährt aus den Medien.

So will man im Rahmen der Prävention die Ansteckungskette unterbrechen durch Kappen der sozialen Bindungen.

Unter der Nr. 3101 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) versteht die Bundesregierung Krankheiten, die von Mensch zu Mensch übertragbar sind.

Diese Krankheiten fallen grundsätzlich dann unter die Nr. 3101 der Anlage zur BKV, wenn sie bei Versicherten auftreten, die infolge der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit in bestimmten Bereichen einer gegenüber der allgemeinen Bevölkerung wesentlich erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt sind.

Das trifft hauptsächlich auf das Personal in stationären oder ambulanten medizinischen Einrichtungen der Human- und Zahnmedizin, in wohlfahrtspflegerischen Einrichtungen und Laboratorien zu.

Außerdem können in diesen Bereichen kurzfristig mit Arbeiten wie Warten, Instandsetzen oder Entsorgen tätige Personen betroffen sein.

Ein Risiko in ähnlichem Maße kann auch bei Tätigkeiten in der Gentechnik, Biotechnologie in Abwasser- und Kläranlagen bestehen.

Für von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten gilt die Berufskrankheiten-Nr. 3102.

Nach der BK Nr. 3102 werden diejenigen Infektionen und Krankheitsbilder erfasst, die von Tieren auf Menschen übertragen werden. Nach Angaben der WHO sind über 200 Krankheiten, die als Zoonosen bezeichnet werden bekannt.

Als medizinischen Laien können diese Zahlen das „Gruseln“ lehren.

Zurückkommend auf die Pandemie durch das Corona-Virus müssen die Zuständigkeiten geklärt werden, wo allerdings der Berufsgenossenschaft eine leitende Funktion bzw. deren Übernahme abverlangt werden muss, aus dem täglichen Umgang mit den Risiken, die hier in Rede stehen.

Anordnungen zur Beseitigung von Gefahren bzw. im Rahmen der Prävention müssten in der Schublade bereit liegen für den Fall der Fälle.

Rolf Battenstein
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht

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Corona

Bereits Anfang März haben Berufsgenossenschaften es für erforderlich erachtet, Versicherte, die von einer schweren Berufskrankheit betroffen sind, besonders zu schützen.

So wurde im Rahmen der Schwerverletztenbetreuung beispielsweise von Hausbesuchen zwecks Feststellung des Pflegebedarfs zum Schutze der Erkrankten nach Auskunft eines Mitarbeiters einer Berufsgenossenschaft abgesehen.

Man kann im Lichte der aktuellen Entwicklungen nur allen von einer ernsten Berufskrankheit oder einem schweren Arbeitsunfall betroffenen Versicherten raten, besondere Vorsicht walten zu lassen.

Stand heute ist noch nicht klar, wie die Sozialgerichtsbarkeit etwa mit anstehenden Terminen umgehen wird.

Ernsthaft erkrankten Rechtssuchenden wird man wohl nicht zumuten dürfen, vor Gericht persönlich erscheinen zu müssen.

Aber auch andere Rechtssuchende sollten nicht ohne Not einem Ansteckungsrisiko ausgesetzt werden.

Es ist gängige Praxis der Sozialgerichtsbarkeit, Kläger und Klägerinnen persönlich zu laden, unter Androhung eines empfindlichen Ordnungsgeldes im Falle des Nichterscheinens.

Von dieser Praxis sollte umgehend abgewichen werden.

Wenn wir die Zahlen richtig verstehen, verdoppeln sich die Ansteckungen nach zurückhaltender Schätzung binnen 6-7 Tagen.

Angesichts der Inkubationszeit von bis zu zwei Wochen offenbar dürften wir also die Fallzahlen mit einem Blick in die Vergangenheit von etlichen Tagen beobachten, von der Dunkelziffer ganz zu schweigen.

Es muss das Gebot der Stunde sein, mit großer Schnelligkeit zu reagieren und die Möglichkeiten der modernen Kommunikation zu nutzen und auszuweiten, um diesem ernsten Problem unverzüglich zu begegnen.

So gibt es die Möglichkeit, im Verfahren vor dem Sozialgericht über § 124 Absatz 2 Sozialgerichtsgesetz eine Entscheidung nach Lage der Akten ergehen zu lassen.

Es sollte die Möglichkeit eingeräumt werden, Termine im Wege von Telefonkonferenzen einzurichten, wenn eine Anhörung der Betroffenen geboten ist, im Sinne von nichtöffentlichen Erörterungsterminen.

Bei der Bearbeitung der Fälle durch Berufsgenossenschaften und Gerichte müssen auch dringend Schwerpunkte gesetzt werden.

Denn es sind erhebliche krankheitsbedingten Ausfälle zu erwarten.

So erscheint es sachwidrig, nicht zuletzt in Ansehung der Dauer von mehreren Jahren, die gerichtliche Verfahren vor dem Sozialgericht ohnehin in Anspruch nehmen, vordringlich alte oder nach Ansicht des erkennenden Gerichts eher aussichtslose Verfahren abzuarbeiten.

Vielmehr sollte das Augenmerk auf schwere Fälle gelenkt werden, die Not leiden und keinen Aufschub dulden.

Das können Mesotheliome nach Asbesteinwirkung, Lungenkrebs nach Asbesteinwirkung, Asbestosen, Silikosen, Bergarbeiteremphyseme, Blasenkrebsleiden insbesondere sein.

Gerade die beruflich erworbenen Atemwegserkrankungen und berufsbedingten Krebserkrankungen machen uns angesichts der Pandemie, die immer rasanter um sich greift, und die besonders für Versicherte mit einer Erkrankung der Atemwege oder sonst ernsthaften beruflich erworbenen Erkrankungen gefährlich werden dürfte, große Sorgen.

Mit Sorge sehen wir auch die unübersehbare Gefährdung all derjenigen Arbeitnehmer, die als Pflegepersonal, Ärzte oder sonst unverzichtbare Arbeitnehmer in einer solchen Krise von der Ansteckungsgefahr betroffen sind.

All diese Arbeitnehmer dürften unter dem Schutz der Gesetzlichen Unfallversicherung stehen.

Auch die Gesetzliche Unfallversicherung ist also auf den Plan gerufen, mit allen geeigneten Mitteln an bekanntermaßen hoch kompetenter Stelle überfällige sofortige Präventionsmaßnahmen, beispielsweise im Sinne einer Unterstützung der Unternehmen bei der Einrichtung von Heimarbeitsplätzen oder ähnlichem, zu ergreifen.

Gerade die Gesetzliche Unfallversicherung ist in der Lage und vor allem auch unverzüglich gefordert, die aktuelle Gefahrensituation einzuschätzen und unkonventionell und vor allem schnell mit Rat, Mitteln und Präventionsmaßnahmen zum Schutze der besonders gefährdeten Arbeitnehmerschaft aktiv zu werden.

Hier sind alle kompetenten Stellen gefragt, einen Schulterschluss zum Schutze der arbeitenden Bevölkerung, der Versicherten der Gesetzlichen Unfallversicherung, so schnell als möglich zu üben.

Beispielsweise beklagen nach hiesiger Kenntnis zahlreiche Kureinrichtungen das Ausbleiben von Patienten, aufgrund der in der Vergangenheit immer weiter zurück gegangenen Kurmassnahmen aller Sozialversicherungsträger, wie etwa der Gesetzlichen Unfallversicherung, Kranken- und Rentenversicherung.

Vielleicht kann über diese Einrichtungen wenigstens ein Teil der Erkrankungswelle abgefedert werden.

Welche Anordnungen trifft die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege in ihrem Zuständigkeitsbereich, um den Anstieg von Schadensfällen zu verlangsamen?

Wie werden Betriebe, Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit allen geeigneten Mitteln von den Berufsgenossenschaften unterstützt?

Hinweise für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen (insbesondere auch für solche in Apotheken) im
Gesundheitsdienst gibt die BGW unter folgendem Link:

https://www.bgw-online.de/DE/Home/Branchen/News/Coronavirus_node.html;jsessionid=806AEDB001BDE3A93344AE32D79BEFF9

Die BG Bau ist hier besonders für das Angebot unbürokratischer Hilfe hervorzuheben.

“Die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) erleichtert die Stundung von Beiträgen für beitragspflichtige Unternehmen, die durch das Coronavirus außergewöhnlich belastet sind.

Die zuständige Beitragsbearbeitung der BG BAU wurde daher umgehend angewiesen, den entsprechenden Anträgen einfach und unbürokratisch nachzukommen.”

https://www.bgbau.de/themen/sicherheit-und-gesundheit/coronavirus/

Auch die VBG stellt Informationen zur Verfügung:
https://www.vbg.de/SharedDocs/Medien-Center/DE/Faltblatt/Themen/Arbeitsschutz_organisieren/Informationen_Coronavirus.pdf?__blob=publicationFile&v=7

BGHM
https://www.bghm.de/bghm/presseservice/pressemeldungen/detailseite/wichtige-informationen-zum-coronavirus/
BGRCI
https://www.bgrci.de/presse-medien/aktuelle-meldungen/informationen-zu-dem-neuen-coronavirus-sars-cov-2/
BGN
https://www.bgn.de/das-coronavirus-fragen-und-antworten/

Mit freundlichen Grüssen

gez.  Battenstein

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Erweiterter Versicherungsschutz für Wegeunfälle

Erweiterter Versicherungsschutz für Wegeunfälle in der gesetzlichen Unfallversicherung, die sich auf einem Weg vom dritten Ort ereignen;

hier: Erfolgreiches Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X

Der 2. Senat des Bundessozialgerichts stellt in einem Urteil vom 30.01.2020 ausdrücklich klar:

„Dass es bei einem Unfall auf dem Weg von einem sog. dritten Ort weder auf einen mathematischen oder wertenden Angemessenheitsvergleich der Wegstrecken nach der Verkehrsanschauung noch im Rahmen einer Gesamtschau auf etwaige betriebsdienliche Motive für den Aufenthalt am dritten Ort, den erforderlichen Zeitaufwand zur Bewältigung der verschiedenen Wege und deren Beschaffenheit bzw. Zustand, das benutzte Verkehrsmittel oder das erhöhte verminderte bzw. annähernd gleichwertige Unfallrisiko ankommt.

Entgegen der Ansicht des LSG ist daher auch unerheblich, ob sich Weglänge und Fahrzeit noch im Rahmen der üblicherweise von Pendlern zurückgelegten Wegstrecke halten oder darüber hinausgehen.

Entscheidend ist nach Auffassung des 2. Senats des Bundessozialgerichts vielmehr, ob der Weg vom dritten Ort zur Arbeitsstätte wesentlich von der subjektiven Handlungstendenz geprägt ist, den Ort der Tätigkeit aufzusuchen und dies in den realen Gegebenheiten objektiv eine Stütze findet, d. h. objektivierbar ist.

Die gesetzliche Wegeunfallversicherung setzt in § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII lediglich voraus, dass der Weg in einem inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht und läßt bei den Hinwegen nach dem Ort der Tätigkeit den jeweiligen Ausgangspunkt des versicherten unmittelbaren Weges ausdrücklich offen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass für Wege, die ihren Ausgangs- bzw. Endpunkt im häuslichen Bereich des Versicherten haben, unfallversicherungsrechtlich keine Entfernungsgrenze gilt. Unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten lässt sich jedoch nicht rechtfertigen, dass Personen, die im selben Haus übernachtet haben und am nächsten Morgen den selben Arbeitsweg haben, nur dann versichert sind wenn sie dort als Bewohner ihren idealerweise melderechtlich dokumentierten Lebensmittelpunkt haben und nicht lediglich Besucher waren.

Zu begrüßen ist bei der Entscheidung des Bundessozialgerichts wie zitiert, dass die Rechtssprechung zur gesetzlichen Unfallversicherung wieder an den Gesetzeswortlaut anknüpft und nicht auf eine Kasuistik hinausläuft.

Viele abgelehnte Wegeunfälle erscheinen nunmehr in einem anderen Licht.

Den Betroffenen kann nur geraten werden, Überprüfung nach § 44 SGB X zu beantragen bei der Berufsgenossenschaft und Antrag auf rechtsbehelfsfähigen Bescheid zu stellen.

Rolf Battenstein
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht

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Metastasierendes primäres Bronchialkarzinom als Schwielenkrebs

Metastasierendes primäres Bronchialkarzinom als Schwielenkrebs im Sinne der Berufskrankheit Nr. 4101 Silikose

Bei dem Streitfall eines Zahntechnikers stellte sich die Frage, ob nicht der Bronchialkrebs, der auftrat, einen sog. Schwielenkrebs darstellte im Sinne der Berufskrankheit Nr. 4101.

Dabei ging es der Klägerseite noch darum, dass nicht nur ein radiologisch sichtbarer Krebs ein Schwielenkrebs sein kann, sondern auch ein elektronenmikroskopisch zu beweisender Berufskrankheitsfall vorliegen kann.

Dazu bedurfte es diesseitiger Auffassung nach weiterer Ermittlungen.

Wiedergegeben werden soll an dieser Stelle, was der Sozialrichter zu diesem Fall zu sagen hatte:

„die Beklagte, gemeint ist die Berufsgenossenschaft ausführlich und verständlich dargelegt hat, dass es hinsichtlich der BK 4101 eines anerkennungsfähigen Erkrankungsbildes einer Silikose fehlt. Wenn die Bevollmächtigten der Klägerin diese Ausführungen lediglich perzipieren, hingegen nicht apperzipieren, kann das Gericht ihnen auch nicht weiterhelfen.“

Den Ausführungen der Berufsgenossenschaft sei jedenfalls nichts hinzuzusetzen, meinte das Sozialgericht.

Hinweise auf ein sog. Schwielenkarzinom oder auch narbenassoziiertes Karzinom seien nicht zielführend, da radiologisch keine Schwielenbildung festgestellt wurde.

Den Hinweis, dass Quarzstaub kanzerogen ist, also krebserregend, mochte der Richter am Sozialgericht nicht verstehen.

Dabei scheitert die Entschädigung der Silikosen und der Schwielenkrebsfälle insbesondere an der Überforderung des Beweisgrades.

Es müsste die Gewissheit vorliegen, dass eine Silikose vorliegt.

Dagegen steht die Gesetzeslage.

Nach § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 287 I ZPO analog beurteilt sich die Frage, ob ein Schaden entstanden ist und wie hoch sich der Schaden beläuft nach der freien Überzeugungsbildung.

Eine freie Überzeugungsbildung findet sich im Urteil des Sozialgerichts Detmold
– S 14 U 225/19 nicht.

Statt dessen heißt es wörtlich:

„Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Verrichtung, die Einwirkung und die Krankheit im Sinne des Vollbeweises also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen.“

Es fragt sich nun ernstlich, inwiefern die freie Überzeugungsbildung für den Schadenseintritt verweigert wird, obwohl das Gesetz § 202 SGG in Verbindung mit § 287 I ZPO analog eine freie Überzeugungsbildung postuliert.

Die Problematik wie aufgezeit betrifft insbesondere die Bergleute.

Deren Schäden werden nicht angemessen entschädigt, wenn eine Rechtsanwendung im Sinne des Vollbeweises bzw. des Strengbeweises stattfindet.

Rolf Battenstein
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht

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