Ansprüche der Bergleute auf Verletztenrente bei Staublunge

Ansprüche der Bergleute auf Verletztenrente bei Staublunge, Ansprüche der Witwen und Waisen auf Hinterbliebenenleistungen

Die feierliche Beerdigung des Steinkohlenbergbaus in den Medien anknüpfend an die Zechenstilllegung Prosper-Haniel ist die eine Seite der Medaille gewissermaßen.

Als dringender erscheint allerdings die Frage, ob nun die anfallenden Berufskrankheiten angemessen entschädigt werden bzw. überhaupt entschädigt werden.

Vor Probleme gestellt ist in diesen Fällen der erkrankte Bergmann selbst oder dessen Hinterbliebenen im Todesfall des Bergmannes.

Es geht um die Silikose, die Silikotuberkulose, die Berufskrankheiten Nr. 4101/4102, um die Bergarbeiteremphyseme gemäß Berufskrankheiten Nr. 4111, um die Berufskrankheit Lungenkrebs bei Sillikose, Nr. 4112, die Atemwegsobstruktion gemäß Berufskrankheiten Nr. 4301/4302 usw.

Es ist nachlesbar, dass in den vergangenen Jahrzehnten in der Blütezeit des Steinkohlenbergbaus jährlich etwa 2000 Todesfälle der Bergleute anfielen.

Was sich daran anschloss, war der Rechtsstreit der Hinterbliebenen, insbesondere der Witwe um die Witwenrente etwa.

Wie es zur gesetzlichen Vermutung kam, dass der Tod Berufskrankheitsfolge ist, wenn eine Silikose von 50 % MdE oder mehr vorliegt, sei aus dem Kommentar Lauterbach Unfallversicherung zitiert, S. 522, 3. Auflage.

„Die in Abs. 1 aufgezählten Leistungen dürfen nur gewährt werden, wenn der Tod durch den Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit verursacht worden ist. Bei Berufskrankheiten, insbesondere bei Staublungenerkrankungen, ist das häufig nicht ohne Obduktion festzustellen. Die große Zahl der von den Versicherungsträgern veranlassten Obduktionen, insbesondere aber eine Anzahl von Exhumierungen zu diesem Zweck haben den Unwillen der Öffentlichkeit erregt. Natürlich können die Angehörigen solche Untersuchungen verweigern. Aus dieser Weigerung werden aber im Regelfall ungünstige Schlüsse gezogen. Die Betroffenen geraten dadurch in die Zwangslage z.B. einer Exhumierung auch dann zuzustimmen, wenn sie ihr sittliches Empfinden verletzt. Diese Zwangslage soll ihnen erspart bleiben“.

Leider versuchen es die Berufsgenossenschaften nicht eben selten mit dem Offenkundigkeitsbeweis, dass also der Tod mit der Berufskrankheit nicht in ursächlichem Zusammenhang stünde.

Die Witwe, die ihren Mann bis zu dessen Tod gepflegt hat, weiß es besser.

Dabei braucht die Lebenszeit nur um ein Jahr verkürzt zu sein, um die Hinterbliebenenleistungen zugunsten der Witwen und der Waisen auszulösen.

Beim Berufskrankheitentod des Bergmannes durch Silikose schuldet die Berufsgenossenschaft an Witwenrente 40 % des Bruttojahresarbeitsverdienstes und an Waisenrente bei zwei minderjährigen Kindern jeweils 20 % des Bruttojahresarbeitsverdienstes.

Der Bergmann selbst hat im Endstadium einer einschlägigen Berufskrankheit wie der Silikose gegebenenfalls Ansprüche auf die Vollrente gleich 2/3 des Bruttojahresarbeitsverdienstes.

Außerdem ist das Pflegegeld zu erwähnen, das dem Bergmann zusteht.

Rechtsanwalt Rolf Battenstein
Fachanwalt für Sozialrecht

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Asbest und Lungenkrebs

Lungenkrebs durch Asbest bei einem Schlosser, verstorben 25.12.2000;
Hier: Ansprüche der Witwe auf Witwenrente etwa

Der Ehemann und gelernte Schlosser arbeitete von 1968 bis 1973 bei einer Firma A. H., Solingen. Die Berufsgenossenschaft beschreibt die Tätigkeiten wie folgt: Es seien anfallende Wartungs- und Reparaturarbeiten an allen betrieblichen Anlagen und Maschinen durchgeführt sowie bei Bedarf Vorrichtungen gefertigt worden. Die Firma habe Stahlwerkzeuge hergestellt, Hauptabteilungen waren eine Senkschmiede und mechanische Fertigung.

Asbestkontakt bestand bei Reparaturen an Bremssystemen von Pressen mit Wechsel von Bremsbelägen ca. 3 bis 4 Tage pro Jahr.

Tragen von Asbesthandschuhen bei Arbeiten an Schmiedeöfen, ca. 1 Tag pro Monat.

Wechsel von Ofentürdichtungen aus Asbestschnur, ca. 2 bis 3 Tage pro Jahr.

Die Treibriemen von Fallhämmern hätten nie Asbest enthalten, führt die Berufsgenossenschaft aus.

Von 1973 bis Mai 1993 arbeitete der Ehemann und Schlosser bei der Firma A. F. in Solingen.

Als Motorenschlosser arbeitete der Versicherte in sog. Maschinenabteilung und hatte Motorenteile mechanisch zu bearbeiten, z. B. Zylinderköpfe plan zu schleifen.

Gelegentlich wurden von ihm auch alte zuvor gesäuberte Bremsscheiben und Bremstrommeln ausgedreht an ca. 20 Tagen pro Jahr. Bei der Demontage von Motoren, bei der er ab und zu aushilfsweise ausgesetzt war, ca. 5 Tage pro Jahr, mußte er alte, angebackene Zylinderkopfdichtungen asbesthaltig abschaben.

Die Berufsgenossenschaft errechnete 2,3 Asbestfaserjahre, siehe dazu die Berufskrankheiten-Nr. 4104.

Der Anteil der Asbestfasern, die bei der berufsgenossenschaftlichen Rechnung nicht mitgezählt werden, macht das 100- bis 200-fache aus.

Die Berufsgenossenschaft zählt Asbestfasern nur länger als 5 Mikrometer.

Zweifeln begegnet aber auch die Tatsache, daß hier Pleuraplaques, und zwar ausgedehnte Pleuraplaques, im Bereich der Pleuraparietalis, also dem Rippenfell, vorhanden waren.

Auch dies spricht gegen eine allein privat verursachte Lungenkrebserkrankung.

Der Rechtsstreit führte die Witwe im Zugunstenverfahren bis zum Bundessozialgericht, von dem aber dem Vernehmen nach zu hören war, daß man die Voraussetzungen des Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X zu verschärfen gedachte.

Mithin nahm die Witwe vorab Abstand von der Revision und suchte ihr Heil in einem erneuten Feststellungsverfahren nach § 44 SGB X, zu welchem ein rechtsbehelfsfähiger Bescheid dann bei der Berufsgenossenschaft Holz und Metall beantragt wurde.

Das Berufungsverfahren endete vorzeitig, um der Klägerin angedrohte Kosten nach § 192 SGG zu ersparen.

Obwohl hier Fragen wie etwa Schichtmittelwert und zugrunde liegende Faserzahl eine grundsätzliche Bedeutung ausmachten, trat man der Sache gerichtlich nicht näher.

Der Lungenkrebs konnte bereits eine Asbeststaublungenerkrankung im Sinne der Definition der Asbestose gemäß Berufskrankheiten-Nr. 4103 sein, eben weil ein Lungenkrebs nach beruflicher Asbesteinwirkung erheblicher Art eine Asbeststaublungenerkrankung darstellt.

Geholfen werden kann hier also durchaus durch die Berufsgenossenschaft über die Berufskrankheiten Nrn. 4103 und 4104.

Allerdings hatte die Witwe durch Androhung von sog. Mutwillenskosten den Mut verloren, ihre Ansprüche auf Hinterbliebenenleistungen weiter geltendzumachen.

Eine Rechtsschutzversicherung stand ihr nicht mehr zur Verfügung.

Die Witwe gab auf, obwohl eine Rauchgewohnheit privater Art und eine Asbestbelastung beruflicher Art einen multiplikativen Effekt auslösen, nach Hammond, amerikanischer Asbestforscher, der eine Steigerung des Lungenkrebsrisikos auf das 50-fache errechnet hat, wenn eine Belastung privater Art und beruflicher Asbesteinwirkung zusammentreffen.

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht

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50-Euro-Witwen

Die „50-Euro-Witwen“ der Deutschen Rentenversicherung, wenn der versicherte Ehemann einen beruflichen Asbestkrebs erleidet, Berufskrankheit Nr. 4105 (Pleuramesotheliom), den die Berufsgenossenschaft mit einer eigenen Witwenrente zu entschädigen hat.

Die Witwen in entsprechenden Fällen berichten, daß sie ihren Lebensstandard durch das Ableben ihres Mannes nicht mehr halten können und auch ihre Vermögen aufbrauchen müßten.

Dies hängt damit zusammen, daß die berufsgenossenschaftliche Leistung nicht voll der Witwe zugute kommt, sondern die Deutsche Rentenversicherung in solchen Fällen eine Anrechnung der berufsgenossenschaftlichen Witwenrente auf die Witwenrente der Rentenversicherung vornimmt und Erstattung von der Berufsgenossenschaft verlangt.

Mithin verbleibt den Witwen in der Regel von der zuvor etwa bei 1.000,00 EUR liegenden Witwenrente der Rentenversicherung ein Betrag von 50,00 EUR im Schnitt monatlich.

Die Witwenrente soll angeblich dem Schutz der Verfassung, Eigentumsschutz, nicht unterliegen, weil die Witwe nicht selbst Beträge zur Rentenversicherung erbracht hätte.

Der Begriff „50-Euro-Witwe“ ist nicht herabsetzend gemeint, sondern soll den krassen Eingriff in die Renten der Witwen erhellen, was diesseitiger Auffassung nach absolut unverhältnismäßig ist.

Schließlich sind die Ehemänner hier in diesen Fällen nicht an Altersschwäche gestorben, sondern an der schlimmsten Asbestkrebsart, die wir kennen, an einem Pleuramesotheliom.

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht

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Amtsermittlungspflicht der Berufsgenossenschaft

Amtsermittlungspflicht der Berufsgenossenschaft im Berufskrebsfall, Lungenkrebs und Myelom (Plasmozytom)

Für die offenbar in einer verzweifelten Lage befindlichen Familie wurde am 03.06.2008 bei der Berufsgenossenschaft beantragt, Lebzeiten- und Hinterbliebenenleistungen zu gewähren aus Anlaß der Lungenkrebserkrankung und der Plasmozytomerkrankung des am 30.10.2007 verstorbenen Ehemannes.

Es war das Mitgliedsunternehmen der Berufsgenossenschaft, wo auch Abbrüche getätigt wurden, bezeichnet wurden, wo der Versicherte zuletzt tätig gewesen war, in Freiburg.

Daraufhin übersandte die Berufsgenossenschaft eine Reihe Vordrucke, welche die Ehefrau und auch die Waise nicht ausfüllten.

Die Bitte der Bevollmächtigten, einen Außendienstmitarbeiter zur Familie zu schicken, um die entsprechenden Angaben einzuholen, erfüllte sich nicht.

Statt dessen erteilte die Berufsgenossenschaft unter dem 24.10.2008 gegenüber der Ehefrau einen Bescheid, mit welchem die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen fehlender Mitwirkung versagt wurde.

Widerspruch, Klage und Berufung blieben ohne Erfolg, angeblich wäre das sog. Versagungsermessen auf Null reduziert, so das Berufungsgericht, weshalb eigene Ermittlungen der Berufsgenossenschaft nicht erforderlich wären.

Eigene Ermittlungen der Berufsgenossenschaft wären in Ermanglung von Ermittlungsansätzen nicht erfolgversprechend.

Während das Gericht bzw. die Sozialgerichtsbarkeit im Laufe des Verfahrens – L 6 U 1347/10, S 17 U 5066/09 SG Freiburg – regelrecht unhöflich wurde, war dies immerhin im Schlußurteil nicht der Fall.

Die Unrichtigkeit des Urteils frappiert gewissermaßen.

Es war bezeichnet worden der Versicherte B. K., dessen Ehefrau und die Tatsache, daß eine Waise minderjähriger Art vorhanden sei.

Außerdem war der letzte Beschäftigungsbetrieb bezeichnet worden, V.B.K. Freiburg.

Gefährdende Tätigkeiten und die Diagnose Lungenkrebs und Myelom waren ebenfalls bezeichnet worden.

Mithin hätte die Berufsgenossenschaft ohne weiteres die Sache in die Hand nehmen können und durch ihren Außendienst umfassend abklären können.

Statt dessen stellte man die Telefonnummer des Außendienstmitarbeiters der Witwe zur Verfügung, worauf diese nicht reagierte.

Zwar bleibt der Witwe und der Waise vorbehalten, ihre Mitwirkung noch nachzuholen.

Allerdings ist dies kein Grund, wirksam die Leistungen wegen fehlender Mitwirkung zu versagen, weil anderweitige Ermittlungsmöglichkeiten und Ansätze vorhanden waren, die für einen Berufskrebsfall ohne weiteres ausreichen, diesem nachgehen zu müssen.

Allerdings besteht weder berufsgenossenschaftlich noch sozialgerichtlich ein Interesse von Amts wegen, die Ermittlungen zu tätigen, obwohl dies der gesetzliche Auftrag ist.

So bleibt hier wieder einmal mehr eine berufskrebsgeschädigte Familie mit ihrem Schicksal allein.

Berufsgenossenschaft und Berufungsgericht schließlich rügten überdies das Fehlen einer Sterbeurkunde.

Als ob dies einen Versagungsgrund wegen fehlender Mitwirkung darstellen könnte.

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Fachanwalt für Sozialrecht

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Frage der Arbeitgeberhaftung

Anliegender Auszug aus einem Schreiben an einen Mitarbeiter der Presse sei wörtlich zitiert, weil die Themen Asbest und Geschädigte sowie die Frage der Arbeitgeberhaftung deutlich herausschauen.

Wir haben seinerzeit die Firma E. in Deutschland beim Arbeitsgericht in Anspruch genommen, weil ein Asbestlungenkrebsfall eines Mitarbeiters als schicksalhaft berufsgenossenschaftlich abgelehnt worden war.

Ergebnis dieser Arbeitgeberhaftungsklage war schließlich, daß sich die Berufsgenossenschaft bequemen mußte, den Fall anzuerkennen gegenüber Witwe und Waisen.

Ihr gegenwärtiges Interesse würde ich gerne auf die Familienangehörigen lenken, d.h. auf die Asbestmesotheliome aus der Nachbarschaft von Asbestfabriken, wo das Bundessozialgericht in einem unserer Fälle unter dem 13.10.1993 – 2 RU 53/92 – folgendes entschieden hat:

„Ist die Reinigung asbeststaubverschmutzter Arbeitskleidung des Ehemannes allein wesentlich dem eigenwirtschaftlichen Privatbereich zuzuordnen. Die Handlungstendenz hier diene nicht einem Unternehmen, sondern den Interessen des gemeinsamen Haushaltes.“

Demgegenüber war die Ehefrau des betreffenden Falles sehr wohl versichert, und zwar nach der Reichsversicherungsordnung bzw. nach dem Sozialgesetzbuch VII, also nach § 539 Abs. 2 RVO „wie ein Versicherter“ bzw. nach § 2 Abs. 2 SGB VII, wo es gleich lautet.

Das Deutsche Bundessozialgericht läßt sich angelegen sein unter dem Einfluß der Berufsgenossenschaften, die Rechtsvorschriften so weit zurückzunehmen, daß man diese nicht mehr wiedererkennt, wie Sie an diesem Beispiel ermessen mögen.

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Lungenkrebsfall des Mitarbeiters

Arbeitgeberhaftung des Asbestzementherstellers, wenn der Lungenkrebsfall des Mitarbeiters nicht von der Berufsgenossenschaft entschädigt wird.

Unsere Kanzlei hatte einen Prozeß zu führen gegen den Asbestzementhersteller, nachdem die Berufsgenossenschaft es abgelehnt hatte, den Lungenkrebs des Mitarbeiters zu entschädigen.

Die Haftung des Arbeitgebers wäre eine solche ohne Verschulden gewesen, also ohne die Notwendigkeit eines Schuldnachweises, eben weil Aufwendungsersatz aus gefährlicher Arbeit geschuldet wurde.

3 Monate nach Inanspruchnahme des Arbeitgebers vor dem Arbeitsgericht Ingolstadt erklärte sich plötzlich die Berufsgenossenschaft bereit, den Fall dann doch zu entschädigen, gegenüber einer Witwe mit 7 Kindern.

Das Verfahren wurde seinerzeit dual geführt, indem Sinne, daß 44er Antrag gegenüber der Berufsgenossenschaft gestellt wurde und eben die Arbeitgeberhaftung angedacht werden mußte.

Während die Berufsgenossenschaft zunächst keine Brückenbefunde im Sinne der Minimalasbestose vorfand, war dies nach 3 Monaten kein Problem mehr.

Jedenfalls konnte der geschädigten Familie geholfen werden, während zugunsten des Arbeitgebers und Asbestzementherstellers der Haftungsausschluß griff, der dann greift, wenn die Berufsgenossenschaft den Versicherungsfall anerkennt.

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Fachanwalt für Sozialrecht

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Gesetzliche Vermutung des Todesfallzusammenhangs

Gesetzliche Vermutung des Todesfallzusammenhangs bei anerkannter Berufskrankheit Nr. 4104 (Asbestlungenkrebs) mit einer MdE von 100 %;
hier: Berufsgenossenschaftlicher Versuch, der Witwe des berufskranken Ehemannes die Hinterbliebenenleistungen zu versagen

Der Ehemann der Klägerin, welche vor dem SG Köln klagte – S 18 U 267/06 – bezog zu seinen Lebzeiten eine Verletztenvollrente aufgrund einer Berufskrankheit Nr. 4104, Asbestlungenkrebs.

Ab 50 % MdE gilt in einem solchen Fall der Tod als Folge der Berufskrankheit, wenn nicht offenkundig das Gegenteil der Fall ist.

Offenbar ohne die Witwe darüber zu unterrichten, daß es diese gesetzliche Vermutung gibt, veranlaßte die beklagte Bau Berufsgenossenschaft, Wuppertal, ein Zusammenhangsgutachten seitens Prof. Tannapfel vom Mesotheliom-Register als Pathologin der Berufsgenossenschaften.

Die gesetzliche Vermutung ist in § 63 Abs. 2 SGB VII zwingend vorgesehen.

Die Beratungspflicht der Berufsgenossenschaft ergibt sich aus § 14 SGB I, wo es heißt:

„Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind.“

Nicht einmal ein Gutachterauswahlrecht mochte die Beklagte Bau-Berufsgenossenschaft der Witwe anbieten, angeblich würde dies nicht gelten für den Todesfall.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung wurde die Bau-Berufsgenossenschaft, die einen Vertreter von einer anderen Berufsgenossenschaft geschickt hatte, antragsgemäß verurteilt, die gesetzlichen Hinterbliebenenleistungen in Form von Witwenrente und Sterbegeld zu gewähren.

Seitens der Berufsgenossenschaft wurde dann zugleich Rechtsmittelverzicht erklärt.

Im Verfahren hatte sich herausgestellt, daß es Fälle gibt, wonach die Metastasen des bösartigen Lungentumors ein differentes Erscheinungsmuster aufweisen, ohne daß dies den Zusammenhang aufhebt, geschweige denn, daß die Berufsgenossenschaft den Offenkundigkeitsbeweis für das Gegenteil eines Zusammenhangs gegenüber der gesetzlichen Vermutung führen könnte.

Der vorliegende Fall erinnert bzw. gemahnt an die Versuche, einen unbekannten Primärtumor ins Feld zu führen, als ob dies bei einer Obduktion überhaupt naheläge.

Jedenfalls wich das Mesotheliom-Register der Berufsgenossenschaften nicht von dem Weg ab, Zusammenhänge in Zweifel zu ziehen.

Ohne den Rechtstreit vor dem Sozialgericht Köln würde die Witwe keine Rente der Berufsgenossenschaft für den Tod ihres Ehemannes erhalten, welche 40 % des Brutto-Jahresarbeitsverdienstes ausmacht.

Anmerkung:

Der 17. Senat des Landessozialgerichts NRW verneint eine Pflicht der Berufsgenossenschaft, die Witwe oder Waisen etwa über die gesetzliche Vermutung des § 63 Abs. 2 SGB VII zu informieren bzw. aufzuklären, obwohl die Vorschriften des § 63 Abs. 2 SGB VII und des § 14 Sozialgesetzbuch 1 keinen Zweifel daran lassen, daß die Berufsgenossenschaft als Leistungsträger beratungspflichtig ist, bevor eine Obduktion veranlaßt wird.

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht

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Fehlende Mitwirkung der Witwe und minderjährigen Waise

Fehlende Mitwirkung der Witwe und minderjährigen Waise im berufsgenossenschaftlichen Feststellungsverfahren eines Lungenkrebs, etwa Berufskrankheit Nr. 4104

Unsere Kanzlei stellte unter dem 02.06.2008 bei der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft Entschädigungsantrag wegen des verstorbenen Familienvaters B. K., geb. 27.12.1958, verst. 30.10.2007.

Der Entschädigungsantrag wurde für die Witwe und die Waisen gestellt.

Es wurde auch der letzte Arbeitgeber, nämlich das Bauunternehmen V. K. bezeichnet, wo auch Abbrüche gemacht wurden.

Außerdem erfolgte Hinweis darauf, daß der Versicherte offenbar Gefahrguttransporte bewerkstelligen und Schwarzes für den Straßenbau fahren mußte.

Die Tatsache, daß die Witwe die Formulare der Berufsgenossenschaft nicht ausfüllte, und zwar trotz Erinnerung nicht, nahm die Berufsgenossenschaft zum Anlaß, Leistungen zu versagen, und zwar wegen fehlender Mitwirkung.

Der Tenor im Bescheid der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft vom 24. Oktober 2008 geht dahin:

„Sehr geehrte Frau K.,

die Gewährung von Sozialleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wird wegen fehlender Mitwirkung versagt.“

Den Einwänden des Anwalts entsprach die Berufsgenossenschaft nicht, daß auch anderweitig, d.h. ohne Erhebung von Formularen ein Sachverhalt ermittelt werden kann.

Den Hinweis, daß ein Außendienstmitarbeiter der Berufsgenossenschaft die Klägerin aufsuchen solle, und zwar wegen der Informationen, welche die Berufsgenossenschaft benötige, nahm die Berufsgenossenschaft lediglich zum Anlaß, die Telefonnummer ihres Mitarbeiters bekanntzugeben, den die Witwe anrufen möge.

Daß dies ein Grund sein soll, eine mögliche Anspruchsprüfung zu unterlassen, zu Lasten der Witwe, aber auch zu Lasten der 15jährigen Waise, erscheint als nicht mehr nachvollziehbar.

– 2 –

Das Sozialgericht Freiburg befand im Gerichtsbescheid vom 16.02.2010 das Verhalten der Berufsgenossenschaft als großzügig, den Besuch ihres Mitarbeiters anzubieten, ohne daß dieser sich aber bei der Witwe meldete, andererseits aber das Verhalten der Klägerseite als „schlicht dreist“, und zwar mit den Worten:

„Der beklagten Berufsgenossenschaft vorzuhalten, der Mitarbeiter der Berufsgenossenschaft hätte von sich aus bei der Klägerin anrufen müssen, ist  vor dem Hintergrund der Mitwirkungspflicht der Klägerin und ihrer vollständigen Passivität … schlicht dreist.“

Wohlgemerkt, dem Sozialgericht war mitgeteilt worden, daß der Anwalt gelegentlich der gewährten Akteneinsicht bei der Klägerin angerufen hat und dort nur den 15jährigen Sohn erreichte, diesem aber ausgerichtet hat, worum es geht.

Anmerkung:

Die Krankenkassen beklagen, und zwar in den Fällen, in welchen die Krankenkassen Erstattungsansprüche an die Berufsgenossenschaft haben können, daß es Methode habe, wenn die Berufsgenossenschaft wegen fehlender Mitwirkung die Akte schließt.

Fehlende Mitwirkung kann dabei auch sein, daß der Berufskrebserkrankte verstorben ist.

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht

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Lebenszeitverkürzung um ein Jahr

Lebenszeitverkürzung um ein Jahr;
hier:   Fall des Jägers, der wie ein versicherter Landwirt bei der Schlachtung eines Schweines
tätig wird und auf der Schlachtstätte einen Sekundenherztod erleidet

Berufsgenossenschaftlich wurde seinerzeit der Witwe entschiedener Widerstand entgegengebracht, etwa diesen Fall als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen.

Eine wesentliche Mitursächlichkeit wurde in der verrichteten Arbeit nicht gesehen berufsgenossenschaftlich, also beim Setzen des Bolzenschutzes und dessen Mißglücken, so daß das Schwein sich heftig wehrte.

Mit letzter Not konnte der Jäger das Schwein noch erstechen, bevor ihn selbst das Schicksal ereilte.

Gerichtlich befand man überraschend in der II. Instanz, d.h. in der Berufungsverhandlung, und zwar nach Lektüre eines Kurzkommentars während der Verhandlung durch einen der beisitzenden Berufsrichter, daß in jedem Fall eine Lebenszeitverkürzung um ein Jahr festgestellt werden müßte, um den Versicherungsschutz zu gewähren.

Demgegenüber handelt es sich bei der Erwägung einer Lebenszeitverkürzung um ein Jahr um eine Hilfsüberlegung, die dann anzustellen ist, wenn anderweitig nicht eine wesentliche Mitursächlichkeit der beruflichen Bedingung feststellbar ist.

Obwohl das Landessozialgericht die Revision nicht zuließ, ging der Fall nach Nichtzulassungsbeschwerde in die Revision, wo das Bundessozialgericht klarstellte, daß bei den Todesfällen nicht in jedem Fall eine Lebenszeitverkürzung um ein Jahr gefordert werden dürfe, sondern, daß es sich dabei um eine Hilfsüberlegung handelt.

Die Sache wurde an das Landessozialgericht NRW zurückverwiesen und endete in einer mündlichen Verhandlung, bei welcher ein Terminsachverständiger, ein Kardiologe, geladen war.

Nach langwierigem hin und her gestand der Kardiologe schließlich ein, daß bei dem mißglückten Vorgang der Schweineschlachtung der elektrische Betriebshaushalt des Versicherten zusammengebrochen sei, weshalb der eingetretene Tod als Arbeitsunfallfolge angesehen wurde und zur Entschädigung der Witwe führte.

Das unglückliche Hilfsinstrument einer Überlegung, ob die Lebenszeit um ein Jahr verkürzt worden ist, führt nicht nur in diesem Fall zum Mißverständnis sondern auch in vielen anderen Fällen, so daß dann im Ergebnis eine Entschädigung daran scheitert, weil die Lebenszeitverkürzung um ein Jahr nicht feststellbar ist.

Also größte Vorsicht bei diesem Einwand, daß die Lebzeiten des Versicherten nicht um ein Jahr verkürzt worden wären.

Anmerkung:

Die ursprüngliche Berufungsverhandlung beim Landessozialgericht verlief in außerordentlich feindseliger Atmosphäre gegenüber der rechtsuchenden Partei, was im Berufungsverfahren keineswegs hinnehmbar ist, gleichwohl aber hin und wieder passiert.

Die Mandantschaft muß sich eben nicht nur der Berufsgenossenschaft erwehren, sondern ggf. auch der Sozialgerichtsbarkeit.

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Deutscher Sozialgerichtsprozeß im Berufskrankheitenverfahren

Deutscher Sozialgerichtsprozeß im Berufskrankheitenverfahren

Anwaltlich muß festgehalten werden, daß der schwerstwiegende Mangel in diesen Verfahren der Umstand ist, daß die Sozialgerichtsbarkeit ausnahmslos gewissermaßen die Expertisen respektive Gutachten der Technischen Aufsichtsdienste der beklagten Berufsgenossenschaft zugrundelegt bei der Beurteilung der Gefährdungssituation.

Es wird nicht berücksichtigt, daß sich der Technische Aufsichtsdienst der Berufsgenossenschaft in dem Konflikt befindet, eine Berufskrankheit etwa einen Asbestkrebs nicht verhindert zu haben und nunmehr die Voraussetzungen einer Berufskrankheit arbeitstechnisch bestätigen zu sollen.

An letzterem hapert es gewissermaßen gewaltig.

So ist in einem Lungenkrebsfall nach Asbesteinwirkung, der Versicherte hatte Asbestsäcke ungeschützt in die Maschine zu entleeren, eine arbeitstechnische Expertise des Technischen Aufsichtsdienstes der beklagten Berufsgenossenschaft feststellbar dahin, daß der Technische Aufsichtsbeamte nur 10 Fasern pro cm3 Atemluft für diese Tätigkeit zugrundelegt, während es in Wahrheit 500 Fasern pro cm3 gewesen sein dürften.

Das weitere antizipierte Parteigutachten, nämlich die Faserjahrreporte, herausgegeben vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften, ergeben durch Querverweise, daß am Ende der Wert für den Umgang mit leeren Säcken zugrundegelegt wird, die Asbest enthalten haben mögen zuvor.

Schlimmer also kann es nicht kommen für einen Versicherten, nämlich einmal an einem Asbestlungenkrebs zu erkranken und zum anderen dann an den Technischen Aufsichtsdienst einer Berufsgenossenschaft zu geraten, welcher unzutreffend niedrige Faserzahlen ermittelt, so daß die Asbestfaserjahrrechnung, 25 Asbestfaserjahre müssen es sein, wenn keine Brückensymptome vorliegen, scheitern muß.

Es gilt also, den Parteigutachten der Technischen Aufsichtsbeamten der beklagten Berufsgenossenschaft zu begegnen und den antizipierten Sachverständigengutachten in Form der Faserjahrreporte, herausgegeben vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften, die imaginär niedrige Werte enthalten für die einzelnen Verrichtungen mit Asbest.

Es besteht eine Übereinkunft der Sozialgerichte dahingehend, die „Expertisen“ des Technischen Aufsichtsdienstes der beklagten Partei zugrundezulegen, wenn der Lungenkrebserkrankte oder etwa die Witwe es nicht besser wissen.

Kein rechtliches Gehör findet der Hinweis, daß die Faserjahrzahl höher zu bewerten ist als in dem antizipierten Parteigutachten Faserjahrreport.

Dessen Grundlagen bleiben in den einzelnen Berufskrankheitenfeststellungsverfahren überdies im Dunkeln.

So werden keine Befunde darüber vorgelegt, warum nicht beim Trennschleifen von Asbest 500 Fasern pro cm3 zugrundezulegen sind, wie im Prüfstandsversuch, sondern nur etwa 60 Fasern pro cm3.

Mit den Grundsätzen eines fairen Verfahrens nach Artikel 6 Menschenrechtskonvention dürfte das geschilderte Verfahren in keiner Weise in Übereinstimmung stehen.

Rechtsanwalt
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